Der Naturschutzbund NABU und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) haben die Feldlerche (Alauda arvensis) zum „Vogel des Jahres 2019“ gewählt. An diese Auswahl knüpfen die Naturschutzverbände die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der EU-Agrarpolitik.
Die immer intensivere Landwirtschaft ist zum Hauptgrund für das Artensterben in Europa geworden. Die Feldlerche steht daher stellvertretend für andere Feldvögel wie Kiebitz und Rebhuhn, denen es zum Teil sogar noch schlechter geht. NABU und LBV fordern deshalb in der EU-Agrarpolitik ein radikales Umsteuern!
NABU und LBV rufen bei der Mitmach-Aktion „Meine 114 Euro“ Bürgerinnen und Bürger auf, ihre Wünsche an eine Agrarreform EU-Parlamentariern aus ihrem Wahlkreis zu übermitteln und so zur Rettung der Feldlerche und anderer Feldvögel beizutragen.
Derzeit fließen jährlich 58 Milliarden Euro Agrarsubventionen überwiegend als pauschale Flächenprämien an Landwirte. Das sind 114 Euro pro EU-Bürger. Diese Gelder müssen künftig statt in Massenproduktion gezielt für eine naturverträgliche Landwirtschaft investiert werden, um Arten wie die Feldlerche zu retten. Die Feldlerche – und mit ihr unsere ländlichen Lebensräume mit ihrer ganzen Artenvielfalt – haben nur eine Chance, wenn auf EU-Ebene die Weichen der Agrarpolitik richtig gestellt werden.
Mit der Feldlerche folgt dem Star, der Vogel des Jahres 2018 war, erneut ein Vogel der Agrarlandschaft. Damit wollen NABU und LBV darauf aufmerksam machen, dass besonders die Arten dieses Lebensraums unter einem dramatischen Bestandsrückgang zu leiden haben. Angesichts der anhaltend negativen Entwicklung wurde die Feldlerche nach 1998 nun sogar schon zum zweiten Mal zum Vogel des Jahres gekürt. Trotz aller Anstrengungen war die erste Wahl zum Vogel des Jahres leider nicht genug, um die Art zu retten.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Lerche ein echter Allerweltsvogel, heute ist sie so selten, dass viele Menschen sie gar nicht mehr kennen. 1,3 bis 2 Millionen Brutreviere gibt es noch in Deutschland, allerdings befindet sich der Bestand in einem deutlichen Sinkflug. Ein Drittel der Feldlerchen sind in den vergangenen 25 Jahren verschwunden. Zwischen 1990 und 2015 gab es einen Bestandsrückgang um 38 Prozent, wie offizielle Monitoringdaten des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten belegen. Aus vielen Gebieten Deutschlands ist die Feldlerche bereits völlig verschwunden.
In Sachsen begann der Rückgang der Feldlerche bereits im 19. Jahrhundert mit der Aufgabe der klassischen Dreifelderwirtschaft, erreichte zu DDR-Zeiten während der Flurneuordnung in den 60er und 70er Jahren einen neuen Höhepunkt und setzt sich vor allem seit den 90er Jahren fort. Im Zeitraum 2004 bis 2007 wurden in Sachsen 80.000 bis 160.000 Brutpaare erfasst – Werte, die seit 1995 einem Rückgang um 40 Prozent entsprechen. Dem Atlas „Brutvögel in Sachsen“ zufolge ist die Feldlerche auf Rodungsinseln wie dem Tharandter Wald oder in Chemnitztal nicht mehr zu finden; am häufigsten dagegen in der Elbaue bei Torgau, im mittelsächsischen Lößhügelland bei Döbeln und im Osterzgebirge bei Fürstenau. Inzwischen deutlich seltener, aber noch regelmäßig
anzutreffen ist sie zum Beispiel auf den Elbwiesen nordwestlich und südöstlich von Dresden wie in Radebeul-Serkowitz und in der Feldflur bei Seegeritz nahe Leipzig. Dort hat die vom BMW-Werk geschaffene ökologische Ausgleichsfläche im Gegensatz zum vorherigen bewirtschafteten Rapsacker die Lage der Feldlerche verbessert. Auf dem dichten Rapsfeld hatte sie davor keine Chance zum Brüten, weil sie flache, wenig bearbeitete Stellen benötigt.
In Sachsen ist die noch recht häufige Feldlerche in die Vorwarnliste eingeordnet, bundesweit steht der Brutvogel auf der Roten Liste.
Es ist die Landwirtschaft, die die Feldlerche zu einer gefährdeten Art macht. Monokulturen, Pestizide, Fruchtfolgearmut entziehen vielen Lebewesen die Lebensgrundlage, das ist eine ökologische Katastrophe. Kleine Maßnahmen wie "Lerchenfenster" helfen nicht, notwendig ist ein grundlegender Wandel der Landwirtschaft. Wo auf riesigen Flächen nur noch undurchdringbares Wintergetreide, Raps oder Mais wachsen, fallen die überlebenswichtigen zweiten und dritten Bruten aus. Wenn die Lerchen deswegen auf die vegetationsfreien Fahrspuren im Feld ausweichen, werden sie häufig Opfer von Nesträubern oder von Maschinen überrollt. Zudem fehlt heute meist die Auflockerung der Landschaft durch Brachen, Sommergetreide oder extensiv genutztes Grünland, wo die Vögel auch im späten Frühjahr noch brüten könnten.
Hielten sich 1990 in Deutschland noch Brach- und Maisanbauflächen die Waage, gab es 2010 bereits zwanzig Mal mehr Maisflächen. Auch in Überwinterungsgebieten des Zugvogels haben sich die Nahrungsbedingungen für den Zugvogel durch die Intensivierung der Landwirtschaft und durch Pestizide weiter verschlechtert.
Die Feldlerche ist eine Tarnungskünstlerin: Mit einer Körperlänge von nur 16 bis 18 Zentimetern und der beige bis rötlich-braunen Gefiederfärbung ist sie in ihrem bevorzugten Umfeld im Acker fast nicht zu sehen.
Unsere Ohren nehmen Feldlerchen deshalb eher wahr als die Augen. Die Männchen singen meist im Flug aus einer Höhe von 50 bis 200 Metern, wo sie mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen sind. Ihr scheinbar endlos tirilierender Gesang bildet die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft. War es früher oft unmöglich, aus diesem Geräuschteppich einen einzelnen Vogel herauszuhören, ist es heute eine Freude, überhaupt eine Lerche zu hören. In manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern sogar bereits stumm.
Die Feldlerche bevorzugt offene, ebene Landschaften oder flache und sanft geschwungene Hügel, während sie steile Hanglagen meidet. Auch zu Waldrändern oder Hecken hält sie Abstand. Die Feldlerche
ist ein Bodenbrüter, der optimale Neststandort ist nicht zu dicht bewachsen. Hier finden auch die Jungvögel Deckung, sie benötigen 30 Tage bis zur Selbständigkeit. Im geschützten Umfeld
unternehmen sie Flugversuche und Jagdübungen.
Doch solche Lebensräume sind in unserer Agrarlandschaft auf Acker- und Grünland immer seltener zu finden. Intensivkulturen mit Mais und Raps, fehlende Brachflächen, Unmengen an Gülle und
Pestiziden haben die Landschaft verändert und Feldvögeln zunehmend den Lebensraum genommen. Aus vielen Gebieten Deutschlands wurde die Feldlerche bereits völlig verdrängt.
Wir brauchen mehr Naturschutzflächen, Biolandblau und blühende Wiesen mit reichlich Insekten. Wir müssen Heiden und Moore erhalten. Dann hat die Feldlerche wieder eine Zukunft.
Die Nahrung der Feldlerche ist abhängig von den Jahreszeiten. In den kalten Monaten begnügt sie sich mit Pflanzenteilen und Sämereien. Im Frühling kommen Insekten, Regenwürmer oder andere Kleintiere hinzu. Foto: NABU/Peter Lindel
Um weiteren Bestandseinbrüchen entgegenzuwirken, müssen Schutzmaßnahmen auf eine Verbesserung der Lebensräume während der Brutsaison abzielen. Feldlerchen müssen wieder die Möglichkeit bekommen, mehr als eine Jahresbrut aufzuziehen.
Statt riesiger Feldschläge mit nur einer einzigen Ackerfrucht wäre für die Feldlerche ein möglichst vielfältiges und kleinräumiges Mosaik ideal, das aus verschiedenen Feldfrüchten, Sommer- und Wintergetreide, Brachen und Wiesen oder Weiden besteht. Der vermehrte Anbau von Sommergetreide wäre dabei ein besonders wichtiger Schritt.
Zudem müssen Brachen erhalten werden. Experten fordern einen Brachenanteil von etwa zehn Prozent der Ackerfläche, um die Bestände aller Feldvogelarten erhalten zu können.
Auch Grünland eignet sich als Feldlerchen-Brutgebiet, wenn es nicht zu intensiv bewirtschaftet wird. Bei Weideland sollte die Weidetierdichte nicht zu groß sein.
Eine der wichtigsten Maßnahmen wäre der Verzicht auf Gifte. Durch eine ökologische
Landwirtschaft, die auf chemische Pflanzenschutzmittel und mineralische Dünger verzichtet, verbessert sich der Lebensraum für die Feldlerche fast automatisch. Durch den Verzicht auf Pestizide lässt sich die Vielfalt der Wildkräuter auf Feldern erhöhen. Mit ihnen finden sich Insekten ein und stehen der Feldlerche als Nahrung zur Verfügung.
Schutzmaßnahmen für die Feldlerche
Nach der Brutsaison schließen sich die Feldlerchen zu kleinen Gruppen zusammen. Mitteleuropäische Feldlerchen sind Kurzstreckenzieher, sie verlassen ihre Brutgebiete von September bis November, um in Südfrankreich und Spanien zu überwintern. Je nach Witterungsverlauf kehren sie Ende Januar, meist jedoch ab Mitte Februar bis Mitte März, nach Deutschland zurück.
Bei späten Wintereinbrüchen mit Schneefall kann es dabei zum Zugstau kommen. Die Lerchen warten dann an der Schneegrenze zum Teil in sehr großen Schwärmen. Auch eine Zugumkehr ist möglich, dann fliegen die Vögel bei einem Kälteeinbruch wieder ein Stück zurück in Richtung Winterquartier.
Bei einem Vortragsabend am 7. November 2018 hat der NABU Leipzig den Vogel des Jahres 2019 vorgestellt.
Ein weiterer Vortrag findet am 6. November 2019 statt. Dabei geht es um die Bestandsentwicklung in Sachsen und es werden Schutzmöglichkeiten für die Feldlerche diskutiert. Anschließend wird der Vogel des Jahres 2020 vorgestellt, der wenige Tage zuvor bekannt gegeben wurde. Der Vortragsabend findet 19 bis 21 Uhr im Naturkundemuseum Leipzig (Lortzingstraße 3) statt. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt kostenfrei. Alle Vogel- und Naturfreunde sind herzlich dazu eingeladen!
Dem Vortrag in der Auwaldstation folgte eine vogelkundliche Exkursion auf der Suche nach dem Vogel des Jahres. Fotos: Ludo Van den Bogaert
Am 17. März 2019 machte sich der NABU Leipzig auf die Suche nach dem Vogel des Jahres. Dazu fand zunächst ein Vortrag in der Auwaldstation Leipzig statt, bei dem die Lerche näher vorgestellt wurde. Außerdem wurde das Problem des Lebensraumverlustes angesprochen. Zu beobachten ist dieser vor allem in der intensiv genutzten Agrarlandschaft, worauf der NABU mit der Wahl der Lerche zum Vogel des Jahres hinweisen möchte. Aber auch im Leipziger Stadtgebiet gehen Lebensräume verloren, weshalb der NABU beim Vortrag auch für die Petition „Bauen und Natur erhalten!“ warb.
Nach dem Vortrag ging es hinaus in die Auenlandschaft. Auf den landwirtschaftlichen genutzten Flächen und auf anderem Offenland in der Aue könnte die Feldlerche geeignete Lebensräume vorfinden, zumal sie in der Region Leipzig früher sehr häufig war. Doch leider suchten die Exkursionsteilnehmer den Vogel des Jahres vergeblich. Die Flächen, die immer wieder mit Mais bestellt werden, sind leider als Nistplatz nicht geeignet. Der vogelkundliche Rundgang brachte dennoch viele Informationen über die Vogelarten im Schlosspark Lützschena, in der umgebenden Auenlandschaft und auf den Gewässern, die man beobachten konnte. Leider fand der Rundgang bei sehr widrigem Wetter mit Sturm und Regen statt, wovon sich die Teilnehmer jedoch ihr Interesse nicht nehmen ließen.
Eine weitere Exkursion zum Vogel des Jahres findet am 19. Mai 2019, 9 Uhr statt. Dann geht der NABU bei Plaußig auf die Suche nach Feldlerchen. Alle Naturfreunde sind herzlich dazu eingeladen! Für die Teilnahme ist eine Anmeldung erforderlich: telefonisch unter 0341 6884477 oder per E-Mail. Der Treffpunkt wird bei Anmeldung bekannt gegeben.