Die Fällung alter Bäume im Stadtgebiet ist ein Drama, denn gerade alte Exemplare sind ökologisch unersetzbar. Sie sind Nist- und Ruheplatz für Vögel, liefern Tieren Nahrung und Unterschlupf und sie sind, beispielsweise als Schattenspender, auch wichtig für das Stadtklima. In alten Bäumen haben zum Beispiel Spechte ihre Höhlen, die dann oft auch von anderen Tieren nachgenutzt werden. Neugepflanzte Bäume oder kleine Zuchtsorten sind für die Spechte kein Ersatz. Einige weichen daher auf frisch sanierte Fassaden aus. Sie verwechseln die Gebäudeisolierung mit Bäumen und hacken Löcher hinein, um Insekten zu finden. Auch in diese Fassadenlöcher ziehen dann allerdings andere Bewohner ein, zum Beispiel Stare oder Haussperlinge, die darin ihre Nester bauen. Aufgrund der zahlreichen Baumfällungen und der zahlreichen Fassadensanierungen ist das ein wachsendes Problem, zu dem auch der NABU Leipzig immer wieder um Rat gefragt wird oder einschreiten muss, wenn die Fassadenlöcher einfach verschlossen werden, ohne Rücksicht auf die darin brütenden Vögel.
Um den Verlust von Baumhöhlen auszugleichen, hat der NABU Leipzig an verschiedenen Stellen in der Stadt Nisthilfen aufgehängt. Ältere Varianten aus Holz sind nur begrenzt haltbar und sie werden
teilweise auch vom Waschbären leicht zerstört, was den Bruterfolg verhindert. Zunehmend kommen daher Nistkästen aus Holzbeton zum Einsatz.
Sie sind stabil und bieten den Vogelbruten gute Nistmöglichkeiten. Die Anschaffung ist zwar teurer, aber der Unterhalt solcher Kästen ist mit geringerem Aufwand verbunden.
Zudem sind sie vielleicht für die Biologische Vielfalt sogar bedeutsamer als gedacht: Der NABU Leipzig konnte beobachten, dass Holzbeton auch zunehmend von Insekten bewohnt wird – möglicherweise
ebenfalls eine Reaktion auf den Verlust anderer geeigneter Lebensräume, denn auch holzbewohnende Insekten verlieren durch Rodungen und Zubetonierung der Stadt ihr Zuhause. Dass beispielsweise
Wespen oder Hornissen in den Vogelnistkästen ein Nest bauen, ist schon länger bekannt, dass Insekten aber auch im Holzbeton wohnen, ist wahrscheinlich ein neues Phänomen und auch abhängig von der
Art des Holzbetons. So konnte sogar die Holzwespen-Schlupfwespe (Insekt des Jahres 2025) an Holzbetonkästen beobachtet
werden – ein Hinweis darauf, dass in dem Material ihre Beute lebt: die Larven von Holzwespen. In diese legt das Insekt des Jahres seine Eier ab.
Diese Beobachtung führte nun zu einer Geschäftsidee, die gerade in einer Großstadt wie Leipzig in die Tat umgesetzt werden könnte. Der NABU Leipzig empfiehlt, Fassaden bei Neubau oder Sanierung aus Holzbeton zu gestalten. Dieser wird von Insekten besiedelt und wird so zum Lebensraum – für den Erhalt der Artenvielfalt kann das ein wertvoller, moderner Beitrag sein. Angesichts der zahlreichen Bauprojekte gibt es großes Potenzial für diese Naturschutzmaßnahme. Der NABU Leipzig bietet Baufirmen und Architekten an, zur Zusammensetzung des Holzbetons zu beraten. Er kann nicht nur zur Gebäudeisolation beitragen, sondern auch Heimat für Holz(-beton)-bewohnende Insekten sein. Dass Spechte Löcher hineinhacken, lässt sich auf diesem Weg nicht direkt verhindern, Holzbeton ermöglicht es aber, Vogelnisthilfen direkt in die Fassade zu integrieren. Die nistenden Vögel können Spechte fernhalten.