Bäume werden gefällt – in Parkanlagen, auf Privatgrundstücken, auf Baugrundstücken, in Innenhöfen, an Straßenrändern, auf Bahngelände – die Liste ist endlos. Nahezu täglich melden sich Menschen beim NABU Leipzig und beklagen den Kahlschlag, den Verlust der Natur, der Lebensräume und der Wohnqualität, denn die Menschen wünschen sich ein gesundes, grünes Wohnumfeld. Die Frage, warum werden die Bäume gefällt, lässt sich in vielen Fällen nicht beantworten – oft ist es reine Rücksichtslosigkeit, Ignoranz, falsch verstandener Ordnungssinn oder menschliche Bequemlichkeit. Es stellt sich aber auch die Frage, ob die Fällungen eigentlich erlaubt sind. Denn es gibt eine gesetzliche Gehölzschonzeit, es gibt eine Baumschutzsatzung und es gibt den gesetzlichen Biotop- und Artenschutz. Nach den Erfahrungen des NABU Leipzig werden diese Schutzvorschriften in den meisten Fällen nicht beachtet. Aufgrund der Vielzahl ist es leider nicht möglich, allen Fällen nachzugehen oder genug Beweise zusammenzutragen, und es ist auch nicht die Aufgabe des ehrenamtlichen Naturschutzes, denn dafür gibt es zuständige Behörden.
Fragen dieser Art erreichen den NABU immer wieder, sie müssten sich aber an die Verantwortlichen in der Stadt richten: Warum agiert die öffentliche Hand hier nicht vorbildgebend, sondern mit Rücksichtslosigkeit?
Wie die Meldungen an den NABU Leipzig zeigen, steigt die Zahl von Baumfällungen besonders in den Februarwochen, denn ab 1. März gilt bis Ende September die gesetzliche Gehölzschutzzeit. Beunruhigend ist jedoch der Umstand, dass auch nach dem 1. März weiterhin Bäume gefällt und Hecken auf Stock gesetzt werden. Für derartige Arbeiten wäre dann eigentlich eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderlich. Um diese zu erteilen, müssten artenschutzfachliche Untersuchungen im Vorfeld der Arbeiten stattfinden und es müsste eine schwerwiegende Begründung dafür geben, weshalb die Arbeiten überhaupt und weshalb sie nicht außerhalb der Brutzeit stattfinden. In vielen Fällen zeigt sich, dass derartige Genehmigungsverfahren nicht stattfinden. Eine Baugenehmigung oder eine Fällgenehmigung reicht nicht aus, wenn nicht zugleich auch eine artenschutzrechtliche Genehmigung vorliegt! Das wird oft ignoriert. Zudem wäre dann bei den Fällungen nach Auffassung des NABU Leipzig eine ökologische Fällbegleitung notwendig, denn nur Fachleute können feststellen, ob die Lebensstätten geschützter Arten zerstört werden. Weil das nach Beobachtung des NABU Leipzig fast nie stattfindet, kommen leider viele Tiere zu Schaden und Lebensstätten werden rechtswidrig zerstört. Dass es dafür die gesetzlich vorgeschriebenen ökologisch wirksamen Ausgleichsmaßnahmen gibt, ist ebenfalls nicht feststellbar. Leipzig schrumpft!
Immer wieder werden nach Gehölzbeseitigung Igel, Fledermäuse oder Wildvögel verletzt oder tot aufgefunden. Häufig werden Vogelnistplätze, Baumhöhlen und Fledermausquartiere übersehen, teilweise werden Tiere direkt durch die Arbeiten verletzt. Bei Fällungen oder „Gehölzpflegearbeiten“ wird das anfallende Holz meist vor Ort gehäckselt. Besser wäre, es vor Ort als Totholz zu belassen. Das würde den ökologischen Wert der Baumstandorte verbessern und die Biodiversität fördern. Außerdem hätten dann unentdeckte Tiere die Möglichkeit, aus dem Holzschnitt zu entkommen. Stattdessen werden sie oft schwer verletzt oder getötet, werden buchstäblich zersägt und gehäckselt.
Allein in diesem vergleichsweise kleinen, armdicken Astabschnitt wurden im Winter 2020 fünf Fledermäuse gefunden. Wäre der Baum ohne Fällbegleitung gefällt und vor Ort gehäckselt worden, hätten die Tiere nicht überlebt. Vergleichbare Fledermausquartiere und die darin lebenden Tiere werden mit großer Wahrscheinlichkeit sehr häufig Opfer von Baumfällungen. Fotos: NABU Leipzig
Die von einem Mitarbeiter des NABU Leipzig betreute Leipziger Außenstelle einer Fledermausauffangstation hat seit Wochen alle Hände voll zu tun, noch nie wurden hier so viele Opfer gleichzeitig betreut. Es ist davon auszugehen, dass die baumbewohnenden Tiere durch Gehölzarbeiten in ihrem Winterquartier gestört wurden, oder dass sie es durch die Fällungen verloren haben. Die Anzahl unbemerkt verendeter Tiere dürfte weitaus höher liegen. Zugleich gehen durch Bauarbeiten auch Quartiere gebäudebewohnender Fledermausarten verloren. Für die Betreuung der in Obhut genommenen Fledermäuse bittet der NABU Leipzig um Spenden (Stichwort „Fledermausschutz“).
In Anbetracht der Klimakrise und des globalen Artensterbens ist das rücksichtslose Vorgehen bei den Baumfällungen unverständlich und nicht zeitgemäß. Der NABU Leipzig appelliert an die Stadtverwaltung, bei der Erteilung von Fällgenehmigungen alle Belange abzuwägen und dabei Arten- und Klimaschutz zu berücksichtigen.
Um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen, könnten Wege zumindest temporär während der Brutzeit gesperrt werden, anstatt Bäume und Äste zu kappen. Man könnte Hochstubben belassen und so wertvolle Baumhöhlen erhalten. Bei notwendigen Fällungen könnte man das Totholz vor Ort belassen und damit die Biodiversität fördern, wovon oftmals auch die Gesundheit der Gehölzbestände profitieren würde. Außerdem fordert der NABU Leipzig eine ausreichende artenschutzfachliche Untersuchung vor der Genehmigung von Baumfällungen und eine ökologische Fällbegleitung, um auszuschließen, dass geschützte Tierarten zu Schaden kommen oder geschützte Lebensstätten ohne Ausgleich zerstört werden. Schutz von Biodiversität und Klima sowie das Naturschutzrecht müssen ausreichend beachtet werden. Das ist in vielen Fällen leider nicht erkennbar. Der NABU Leipzig fordert, dass die zuständigen Behörden personell so ausgestattet werden, dass sie diesen Aufgaben nachkommen können.
Am 3. März ist Welttag des Artenschutzes. Im völligen Kontrast dazu rasselten an diesem Tag die Kettensägen im Abtnaundorfer Park, der eigentlich zu den naturnahen Parkanlagen gehört, wertvolle Lebensräume für bedrohte Arten bietet und Teil des FFH-Gebietes Partheaue ist. Aber die Stadtverwaltung arbeitet offenbar intensiv daran, die Biodiversität in diesem Park ungeachtet des Schutzstatuses zu bekämpfen. Bereits 2014 gab es Kritik des NABU an Baumfällungen im Abtnaundorfer Park, die zum Verlust von Fledermausquartieren und Amphibienlebensräumen führten. Dessen ungeachtet gingen 2021 ähnliche Arbeiten weiter. Der NABU Leipzig prüft rechtliche Mittel, um dagegen vorzugehen, denn die Zerstörung geschützter Lebensstätten ohne ökologisch wirksamen Ausgleich ist rechtswidrig. Dass diese Arbeiten auch noch in der Gehölzschutz- und Vogelbrutzeit und bei beginnender Amphibienwanderung stattfanden, ist unverständlich. Nach Beobachtung des NABU fand auch bei diesen Arbeiten keine artenschutzfachliche Fällbegleitung statt. Der rechtswidrige Verlust von Vogelnistplätzen und Fledermausquartieren ist damit vorprogrammiert.
Nach den Baumfällungen der Vergangenheit wurden im Park Fledermauskästen installiert. Dies geschah aber erst auf mehrfache Bemühungen des NABU Leipzig, und die Kästen sind in dieser Form auch nur eine Notlösung, sie stellen keinen funktionalen Ersatz für die verlorenen Baumhöhlen dar.
Ökologisch wertvolle höhlenreiche alte Bäume sind im Abtnaundorfer Park der Kettensäge zum Opfer gefallen. Das ist nicht nur ein Verlust für die Biodiversität, sondern auch für den urigen Charakter des Parks. Da hier Lebensstätten ohne ökologisch funktionalen Ausgleich beseitigt wurden, sind die Fällungen unvereinbar mit dem Bundesnaturschutzgesetz, das zudem eine Gehölzschutzzeit vom 1. März bis 30. September vorschreibt, die somit gleichfalls ignoriert wurde. Fotos: NABU Leipzig
WEITERE INFORMATIONEN
Zum Schutz der Fledermäuse sind der Erhalt ihrer Quartiere in Höhlen, Stollen, Kellern, Dachstühlen und Baumhöhlen sowie der Erhalt einer vielfältigen, strukturreichen Landschaft wichtige Voraussetzungen. Der NABU Leipzig erfasst Fledermausquartiere, um sie zu schützen und schafft neue Unterschlupfmöglichkeiten. Alle sind eingeladen, beim Fledermausschutz zu helfen! mehr
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Tagtäglich werden in Leipzig bei Bau- oder Gehölzpflegearbeiten Tiere getötet, Nistplätze schwinden, Orte für die Nahrungssuche gehen verloren. In vielen Fällen handelt es sich um Verstöße gegen das Naturschutzrecht, was jedoch oft folgenlos bleibt. Bürger verstehen nicht, warum die Behörden nicht einschreiten. Auch Arbeiten im Auftrag der Stadt selbst sind keineswegs vorbildlich. mehr
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