Die Leipziger Naturschutzvereine wollen den Floßgraben im Leipziger Auwald mit allen Mitteln vor der Übernutzung mit Motorbooten schützen. Sie haben frühzeitig erkannt, dass die Freigabe des Auwaldes für Motorboote auch die Ruhe des gesamten Neuseenlandes gefährdet und haben mehrfach Vorschläge für eine naturverträgliche wassertouristische Nutzung gemacht, die bisher aber weitgehend ignoriert werden. Stattdessen wird weiter geträumt von bis zu 100 Motorbootsfahrten durch Leipzigs Naturjuwel durch die bisher noch recht ruhigen Schutzgebiete und den Floßgraben. So sieht es das "Wassertouristische Nutzungskonzept Region Leipzig" vor und in diese Richtung plant auch die Stadtverwaltung seit Jahren.
Diese Salamitaktik schlägt den Verbänden auf den Magen. Der naturnahe Floßgraben liegt nämlich allen Investitions-bestrebungen zum Trotz mitten im Europäischen Vogelschutzgebiet "Leipziger Auwald". In dem dort entstandenen, naturnahen Gewässerabschnitt brütet bekanntlich seit vielen Jahren der Eisvogel (Alcedo atthis). Das scheue Tier stellt vielfältige Ansprüche an seinen Lebens- und Jagdraum. Zum Schutz der streng geschützten Art wurde nicht nur der Floßgraben entschlammt und als Entwicklungslebensraum hergerichtet, sondern das Amt für Umweltschutz Leipzig erließ zudem auch mehrfach eine Allgemeinverfügung. Darin schränkte sie für Paddler die Nutzung ein. Paradoxerweise genehmigte das Umweltamt fast zeitgleich eine Sondergenehmigung für Motorboote (Rana-Typ) mit erweiterten Sondernutzungszeiten.
Zum Einspruch der Verbände sagt Wolfgang Stoiber, Vorsitzender des NuKLA e.V.: „Die Logik des zuständigen Amtes für Umweltschutz will uns nicht so recht einleuchten. Wir haben das Gefühl, dass hier zu Ungunsten der Paddler mit zweierlei Maß gemessen wird. Das politisch mit allen Mitteln durchgedrückte und reich subventionierte Rana-Boot soll trotz Fehlplanung per Amtshilfe weiter gefördert werden.“
„Wir finden die Verwaltungspraxis gelinde gesagt etwas kurios. Der Bootsbetreiber erhält Schützenhilfe vom Grünflächenamt bei Rechtsverstößen gegen die Festlegungen des Umweltamtes“, meint Holger Seidemann, Vorstand des Ökolöwen. „Das Amt für Stadtgrün und Gewässer scheint bei seiner Motorbootsliebe von einem besonders starken politischen Willen getrieben zu sein. Zeitgleich übt sich das Amt für Umweltschutz in Zurückhaltung und lässt sich scheinbar auf der Nase herumtanzen. Das ist kein Zufall!“
Die praktischen Auswirkungen erläutert René Sievert vom NABU-Regionalverband Leipzig: „Da Motorboote wie das Rana-Boot den flachen Floßgraben intensiv trüben, kann der Eisvogel praktisch keine Fische mehr jagen. Zusätzlich verursacht der Bootsantrieb besonders schwere Beeinträchtigungen am Gewässerboden.“
Motorisiertes Fahrgastboot, das fast die gesamte Breite des Floßgrabens einnimmt, bei seiner Fahrt Vögel aufscheucht und durch
aufgewirbelte Sedimente eine Gewässertrübung verursacht. Fotos: Karsten Peterlein
Ein weiteres interessantes Detail: Zwischenzeitlich hatten Unbekannte versucht, den Motorbootsbetrieb mit natürlichen Barrieren zu unterbinden und Bäume ins Gewässer gelegt. Auf Betreiben des Amtes für Stadtgrün wurden daraufhin Mitte Juni diese Gehölze entfernt. Pikant ist aber nun, dass neben den Hindernissen auch langjährig im Wasser liegendes, wertvolles Totholz entfernt wurde.
Nach der erlassenen Allgemeinverfügung für 2014 und der Sondergenehmigung für das Rana-Boot wurde dieses Totholz, das auch dem Eisvogel als Ansitzwarten bei der Jagd dient, ganz speziell geschützt. Es darf deshalb nach amtlicher Festlegung nicht aus dem Floßgraben entfernt werden.