Angesichts des Artensterbens geht die Sorge um, dass die Natur bald verstummt – kein Vogelgesang mehr, keine summenden Insekten und auch keine quakenden Frösche. Leider hat dieser Trend schon begonnen. Die kecken Stimmen der Laubfrösche, die mystischen Töne der Rotbauchunke oder das emsige Rufen der Wechselkröte, das an zirpende Heuschrecken erinnert – vielerorts sind sie nicht mehr zu hören. Mit großem Elan gehen Naturschützer Jahr für Jahr ans Werk, um bei der Amphibienwanderung für Sicherheit zu sorgen. Dafür, dass die Tiere ihre Laichgewässer erreichen, ohne vom Autoverkehr überrollt zu werden. Doch die Amphibienretter haben immer weniger Frösche, Kröten und Molche über die Straßen zu tragen – an Amphibienschutzzäunen, in den Transporteimern und am Ende in den Gewässern sinken die erfassten Zahlen. Immer neue Straßen verbauen den Amphibien den Weg. Gewässer trocknen aus, sind mit Pestizidrückständen und Streusalz vergiftet. Landlebensräume werden zubetoniert, Winterquartiere zu Bauland. Das Naturschutzrecht soll das zwar verhindern, aber die Praxis sieht leider anders aus.
Leipzig beispielsweise könnte stolz sein auf ein Laichgebiet der Wechselkröte mitten in der Großstadt. Wäre es nicht von „übergeordnetem öffentlichem Interesse“, hier wertvolle Natur zu erhalten – als Lebensraum für die Amphibien, als Ort der Erholung für die Menschen und als Beitrag zum Klimaschutz in der Stadt? Stattdessen wird das Areal bebaut, die dort lebenden Tiere diverser Arten werden umgebracht, vertrieben oder rechtskonform umgesiedelt. So verschwindet ein weiterer Lebensraum in der Stadt. Das Artensterben wird nicht bekämpft, sondern aktiv vorangetrieben. Die Kröten werden außerhalb von Leipzig angesiedelt, doch in der Stadt werden sie hier verschwinden.
In einem anderen Fall ging es viel zu langsam voran, weil Biotop- und Artenschutz keine Priorität haben und weil das Naturschutzrecht unzähligen anderen Vorschriften untergeordnet wird. So gab es am Grünen Bogen Paunsdorf in Leipzig eines der letzten Moorfroschlaichgebiete, aber auch andere Amphibien tummelten sich auf dem ehemaligen Manövergelände. Als die Lachen mehr und mehr austrockneten, schlug der NABU Maßnahmen vor, um diese Gewässer zu erhalten oder wiederherzustellen. Es dauerte so viele Jahre, dass nun zwar die Gewässer wieder da, die Amphibien aber inzwischen verschwunden sind. Die letzte Hoffnung ist, dass sie sich wieder ansiedeln. Der Umgang mit ihrem Lebensraum zeigt, wie rücksichtslos andere Interessen in den Vordergrund gestellt werden. Das betrifft noch mehr das weitere Umfeld der Gewässer, in dem sich Winterquartiere und Sommerlebensräume von Amphibien befinden, die aber immer weiteren Baugebieten geopfert werden.
Dabei geht es weltweit mit dem Amphibienbestand ohnehin abwärts. Die Ursachen sind vielfältig. Klimawandel, veränderte Landnutzungsformen und Austrocknung von Gewässern sind dabei sicherlich bedeutende Faktoren. Aber auch tödliche Amphibienkrankheiten machen sich breit – nach und nach auch in Deutschland.
Amphibien sind sensible Bioindikatoren. Wenn sich der Zustand der Natur immer weiter verschlechtert, sieht man es leider schnell an ihrem Bestand. Sie sind ein wichtiger Teil der Ökosysteme, Bestandteil von Nahrungsnetzen, sodass früher oder später auch andere Arten ihr Schicksal teilen. Amphibien reagieren besonders sensibel, da sie aufgrund ihrer Lebens- und Fortpflanzungsweise nicht nur auf einen Lebensraumtyp angewiesen sind, sondern auf ein intaktes Netzwerk vielfältiger naturnaher Lebensräume an Land und im Wasser. Manche dieser Lebensraumtypen sind jedoch inzwischen selbst schon vom Aussterben bedroht, wie beispielsweise Feldlachen, Feuchtwiesen, Sandflächen, dynamische Auen.
Umdenken und Gegensteuern ist daher ein wichtiges Anliegen und für den NABU ein wesentliches Arbeitsfeld. Ehrenamtliche Fachleute liefern Daten, damit es ein möglichst gutes Bild vom Zustand der Amphibienwelt gibt. Daraus kann man Maßnahmen und Forderungen ableiten. Schutzmaßnahmen für Amphibien dienen aufgrund ihrer komplexen Lebensraumansprüche zugleich unzähligen anderen Arten und sind daher besonders wichtig.
Das gilt umso mehr mit Blick auf die Klimakatastrophe, deren Folgen wir mehr und mehr zu spüren bekommen – wir als Menschen, noch mehr aber die Ökosysteme, die aufgrund menschlicher Handlungen ohnehin schon in einem dramatisch schlechten Zustand sind. Vor allem Wassermangel wird zu einem wachsenden Problem und das nicht nur für die Menschen, sondern eben auch für die Amphibien. Ihre Lebensräume, die auf Wasser angewiesen sind, zu schützen, ist somit ein Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen. Dieser Zusammenhang zwischen menschlichen und ökologischen Interessen ist vielen noch immer nicht bewusst.
Parallel zu den genannten Negativbeispielen aus Leipzig gibt es in der Region auch kleinere und größere Erfolge für den Amphibienschutz. Ein besonders großer Beitrag dazu sind die Bemühungen des NABU für die Revitalisierung des Auenökosystems von Elster, Luppe und Parthe. Einen Teil davon bilden die Papitzer Lachen, wertvolle ephemere Stillgewässer, in denen Dank der Pflege durch den NABU Leipzig auentypische Verhältnisse nachgebildet, erhalten oder neu geschaffen werden. Doch selbst in diesem Amphibienlebensraum sind die Bestände stets gefährdet, denn eine einzelne „Insel“ reicht als Lebensraum nicht aus. Biotopverbund und eine insgesamt naturverträgliche Nutzung der Landschaft sind notwendig. Mit Hilfe von Spendengeldern ist es dem NABU vor kurzem gelungen, weitere Flächen an den Papitzer Lachen zu kaufen. Doch das Engagement für Natur und Umwelt muss weitergehen, damit sie auch langfristig als Auenlebensraum erhalten werden können.
Wie kurios der Amphibienschutz in unserer naturfernen Umwelt inzwischen aussieht, zeigt ein Beispiel aus dem Leipziger Nordosten. Auch hier, im eher ländlich geprägten Stadtteil Plaußig-Portitz, verschwinden Lebensräume in der früheren Auenlandschaft oder ihr Erhaltungszustand wird schlechter. Als eines der letzten Refugien haben sich Erdkröte und Co. daher ausgerechnet ein Regenrückhaltebecken der nahegelegenen Autobahn ausgesucht. Es ist lokal inzwischen zum individuenreichsten Laichgewässer geworden. Eine vom NABU vorgeschlagene einfach umzusetzende Maßnahme, um die Tiere vor der gefährlichen Anliegerstraße zu schützen, konnte aufgrund von Straßenbauvorschriften nicht genehmigt werden. Stattdessen wurde mit mehrjähriger Planung und Ausführung sowie mit viel Beton und Arbeitskosten eine sehr hochwertige Amphibienleitanlage errichtet. Hier ist Naturschutz also vermeintlich aufwändig und teuer, dabei ist es umgekehrt: Wir können es uns nicht leisten, die Amphibien aussterben zu lassen. Schnelles Handeln zum Wohle von Mensch und Natur ist daher unerlässlich.
Gerade für den Amphibienschutz können dabei auch kleine Maßnahmen helfen, wie naturnahe Gärten mit Wasserstellen, Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten. Viele Gartenbesitzer berichten stolz von Fröschen, Kröten und Molchen, die bei ihnen zuhause sind. Wie man die Biodiversität fördern kann, erklärt der NABU Leipzig auch in seinem Projekt www.mein-Biotop.de