Vogel des Jahres 2023

Das Braunkehlchen hat die Wahl gewonnen

Foto: Johanna Große
Foto: Johanna Große

Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) hat die Wahl zum Vogel des Jahres 2023 gewonnen. Der Vogel ist ein Botschafter für wilde Wiesen, die leider aufgrund der intensiven Landwirtschaft immer seltener zu finden sind. Sein Lebensraum sind feuchte Wiesen, Brachen und Feldränder. Wichtig sind einzelne Büsche, hohe Stauden oder Zaunpfähle, welche die Vögel als Sing- und Ansitzwarte nutzen. Das Braunkehlchen ist 12 bis 14 Zentimeter groß und hat seinen Namen von seiner braun-orangen Brust und Kehle. Zur Nahrung gehören Insekten, Spinnen und Würmer, im Herbst auch Beeren. Das Braunkehlchen ist ein Langstreckenzieher, fliegt im September rund 5.000 Kilometer ins Winterquartier südlich der Sahara. Im April kehren die Vögel zurück in die heimischen Brutgebiete, von denen es aber leider immer weniger gibt. In Deutschland leben noch 19.500 bis 35.000 Brutpaare, Tendenz stark fallend. Schon 1987 führte der alarmierende Rückgang des Braunkehlchens zu seiner Wahl zum Vogel des Jahres, leider hat sich seitdem nichts am Lebensraumverlust geändert – eine Agrarwende ist dringend nötig. Weiterlesen


Wahl zum Vogel des Jahres 2023

NABU Leipzig stellt die 5 Kandidaten vor

Die „Wahllokale“ sind geöffnet: Ab dem 2. September 2022 kann man abstimmen, wer Vogel des Jahres 2023 werden soll. Der NABU und sein bayerischer Partner LBV (Landesbund für Vogelschutz in Bayern) schicken fünf „Kandiaten“ ins Rennen: Braunkehlchen, Feldsperling, Neuntöter, Teichhuhn und Trauerschnäpper. Jede dieser Vogelarten steht für ein Anliegen des Naturschutzes – es geht darum, ihre Lebensräume zu schützen. Klimakrise, Insektenschwund, intensive Landwirtschaft und Verlust von naturnahem Grün bedrohen die Artenvielfalt – die fünf Vogelarten stehen damit als Stellvertreter für viele andere Lebewesen.

Im Vorjahr „kandidierten“ Bluthänfling, Feldsperling, Mehlschwalbe, Steinschmätzer und Wiedehopf, der Wiedehopf hatte die Abstimmung gewonnen und wurde Vogel des Jahres 2022. Mehr als 143.000 Menschen hatten sich an der Wahl beteiligt. Der „Vogel des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt, seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt.

2022 kann man bis zum Vormittag des 27. Oktobers abstimmen, noch am selben Tag wird dann der Sieger bekannt gegeben. Weitere Informationen


Der Trauerschnäpper ist keineswegs ein trauriger Geselle, sondern eigentlich ein fröhlicher Luftakrobat: Er „schnappt“ Insekten im Flug. Doch wegen des Insektensterbens gibt es immer weniger Nahrung für den Trauerschnäpper, der auch massiv unter dem Klimawandel leidet. Wenn er aus seinem Winterquartier südlich der Sahara nach Deutschland zurückkehrt, sind viele geeignete Bruthöhlen bereits besetzt von Vögeln, die hierzulande überwintern. Diese Konkurrenten haben einen Vorteil, weil die Winter mild geworden sind und weil der Frühling immer zeitiger beginnt.

In Leipzig ist der Trauerschnäpper in Laubwäldern anzutreffen, wie zum Beispiel im Plaußiger und im Stötteritzer Wäldchen sowie im Auwald, gelegentlich auch auf größeren Friedhöfen. Um ihn zu unterstützen, hat der NABU Leipzig einige Nistkästen aufgehängt, die im zeitigen Frühjahr verschlossen werden. Somit können sie nicht von Brutvögeln besetzt werden. Erst wenn der Trauerschnäpper aus dem Winterquartier zurückkehrt, zwischen 5. und 10. April, werden diese geöffnet und stehen dann dem Langstreckenzieher zur Verfügung.


Auch der Neuntöter ist Insektenfresser. Er zeigt dabei einen sehr speziellen Umgang mit seiner Beute: Käfer, Heuschrecken, Hummeln und Co. werden von dem Vogel an Dornen und Stacheln von Sträuchern und Hecken aufgespießt, um sie später zu verzehren. Leider hat der Neuntöter trotz dieser klugen Vorratshaltung immer weniger zu fressen. Das liegt am Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, der eine der Hauptursachen für den Insektenschwund ist. Zudem ist er auf dornige Hecken und halboffene Lebensräume angewiesen, die aber häufig dem Flächenfraß zum Opfer fallen – die werden bebaut oder für andere menschliche Zwecke zerstört.

In Leipzig sind von solchen Begehrlichkeiten leider viele Neuntöter-Lebensräume betroffen, die deshalb mehr und mehr verlorengehen. Sichere Brutreviere findet er beispielsweise noch auf dem ehemaligen Manövergelände im Landschaftsschutzgebiet „Paunsdorfer Wäldchen – Heiterblick“, wo man ihn auch gut beobachten kann, da es hier mehrere Brutpaare gibt. Anders ist es auf dem Gebiet der Deponie Seehausen oder der Brachfläche Bremer Straße. Hier gibt es zwar noch die halboffene Landschaft mit vielen Dornensträuchern, doch die Flächen sind von rücksichtslosen Bauprojekten bedroht. Noch gehört der Neuntöter zur Vogelwelt in Leipzig, doch leider ist sein Überleben hier zunehmend gefährdet.


Auch das Braunkehlchen leidet unter dem Verlust seiner Lebensräume, die von rücksichtslosen Bauprojekten bedroht sind. Als Wiesenbrüter baut das Braunkehlchen sein Nest am Boden, was leider den Bruterfolg ebenfalls gefährdet. Wenn nur noch wenige geeignete Nistplätze übrig sind, aber Beutegreifer am Boden wenig Probleme, das Nest aufzuspüren, auch freilaufende Hunde oder Hauskatzen können hier zum Problem werden. Die größte Bedrohung geht aber von der intensiven Landwirtschaft aus, wenn Wiesen zu häufig gemäht werden und Ackerflächen zu selten brach liegen. Ungemähte Blühflächen könnten dieser Art sehr helfen – man muss „Wiesen wieder wilder machen!“

Aufgrund der fehlenden Lebensräume, gehört das Braunkehlchen in Leipzig zu den seltensten Vogelarten. Braunkehlchen bevorzugen die offene Landschaft mit strukturreichen Feuchtwiesen umsäumt von Baum und Heckenreihen. Die Wiesen dürfen nicht zu früh und zu oft gemäht werden. Ausreichend Sing- und Jagdwarten in Bodennähe gehören ebenfalls zur Ausstattung des Lebensraums. In Leipzig setzte sich der NABU seit vielen Jahren für die naturnahe Gestaltung am Grünen Bogen Paunsdorf ein. Angrenzend an das Landschaftsschutzgebiet gab es gegenüber dem Paunsdorfcenter ein Brutpaar, welches bereits seine wilde Wiese durch die Erweiterung eines Gewerbegebietes verloren hat. Der danach genutzte Nistplatz ist durch das geplante Wohnbaugebiet Kiebitzmark bedroht.


Der Feldsperling war bei der vergangenen Wahl auf Platz vier gelandet und geht nun noch einmal ins Rennen. Er hat sich den Menschen angepasst und lebt in unseren Siedlungen, in Gärten und Parks. Diese werden aber heute oft zu intensiv „gepflegt“, sodass die Spatzen immer weniger Nahrung und Unterschlupf finden. Der Feldsperling braucht bunte Grünflächen mit alten Bäumen und naturnahe Gärten oder Streuobstwiesen.

In manchen Gartenanlagen in Leipzig gibt es nur noch ein oder zwei Brutpaare – Schuld ist der verfehlte Ordnungssinn: Absterbende alte Obstbäume werden entsorgt, damit verliert der Feldsperling seine Lebensstätten. Der hohe Jungbaumanteil in den Gartenanlagen verschärft das Brutplatzproblem, denn darin fehlt es an Höhlen. Alte Bäume bieten den Spatzen auch mehr Insekten als Nahrung und sollten deshalb so lange es geht erhalten bleiben. In Gärten kann man den Feldsperling auch mit Nistkästen unterstützen.

Während der Haussperling in Leipzig in großen Kolonien lebt, brüten Feldsperlinge eher vereinzelt. An locker bebauten Stadtrandlagen sind aber auch Koloniebruten möglich. So sind beispielsweise regelmäßig 8 bis 10 Nistkästen auf einer Ausgleichsfläche am Tübkebogen von Feldsperlingen bewohnt.


Das Teichhuhn hält sich am liebsten im geschützten Uferdickicht stiller Gewässer auf. Aber leider gibt es immer weniger grüne Ufer. Schilf, Büsche und Bäume müssen oft zubetonierten oder kahlen Flächen weichen, in Leipzig werden die Vögel an ihren Nistplätzen in Parks auch oft von Freizeitaktivitäten oder freilaufenden Hunden gestört.

Das Teichhuhn, auch Teichralle genannt, ist verglichen mit dem bekannteren Blesshuhn ein vergleichsweise seltener und scheuer Vogel. In der Stadt haben die Teichhühner aber ihre Scheu weitgehend abgelegt, und man kann sie auf Teichen oder auch auf langsam fließenden Bächen beobachten. Oft gelingt ihnen hier auch eine erfolgreiche Brut, doch sie sind immer wieder Störungen und Gefahren ausgesetzt.

Im Winter kann man manchmal auch größere Ansammlung von Teichhühnern sehen. Der Bestand der Überwinterer konzentriert sich an den innerstädtischen Gewässern, die später zufrieren als im Umland. So können am Teich im Johannapark, am Schwanenteich und an den Gewässern im Zoo ganzjährig Teichhühner beobachtet werden. Leipzig hat neben den Parkteichen mit den eingemeindeten Dörfern auch viele Dorfteiche. Oft sind sie nur als Feuerlöschteich angelegt, aber sofern sich am Rand etwas Schilf bildet, findet sich dort auch bald ein Teichhuhnpaar ein. Doch diese Gewässer sind von der Klimakrise bedroht – nach mehreren Dürresommern sind viele stark verlandet und stehen kurz davor, auszutrocknen. Somit gehen leider traditionelle Teichhuhnbrutplätze auf manchem Stadtteilteich verloren. Das Teichhuhn ist somit Botschafter für diesen wertvollen Lebensraum, denn Wasser ist Lebensquelle für eine Vielzahl von Tierarten.

Der NABU Leipzig wirbt bei den zuständigen Ämtern für den Erhalt der Teiche und für rücksichtvollere Pflege der Ufervegetation, in denen Teichhühner im Winter Schutz finden und im Frühjahr ihr Nest bauen. Leider wird die Vegetation oft durch „Pflegemaßnahmen“ oder aus Gründen des Denkmalschutzes beseitigt, wodurch Teichhühner und andere Arten ihren Lebensraum verlieren.