Der Schutz des Leipziger Auenökosystems ist ein wichtiges Anliegen des NABU Leipzig. Überlegungen dazu müssen sich aber einreihen in ein sachsenweites Konzept zur nachhaltigen Entwicklung der Auen. Der Schutz der artenreichen Lebensräume muss dabei Hand in Hand gehen mit Überlegungen zu einem naturverträglichen Hochwasserschutz. Mit diesen Fragen und Konzepten beschäftigt sich der Arbeitskreis Auenentwicklung des NABU Sachsen, und auch der NABU Leipzig beteiligt sich daran.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat im Oktober 2009 einen Auenzustandsbericht für Deutschland vorgestellt. Der bundesweite Überblick zum Verlust von Überschwemmungsflächen und zum Zustand der Flussauen in Deutschland macht den Handlungsbedarf deutlich: Die Gewässer und Auen sind für den Hochwasserschutz und die Erhaltung der wertvollen Lebensräume nachhaltig zu entwickeln. Denn zwei Drittel der ehemaligen Überschwemmungsflächen sind an den Flüssen in Deutschland bereits vernichtet. An Rhein, Elbe, Donau und Oder sind durch den Bau von Hochwasserschutzdeichen an vielen Abschnitten sogar nur noch 10 bis 20
Verlust der Fließgewässervielfalt in der Luppeaue bei Leipzig vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.
(by Wolf170278 [CC BY-SA 3.0] via Wikimedia Commons)
Prozent der ehemaligen Auen vorhanden. Zudem befinden sich nur 10 Prozent der noch vorhandenen Flussauen in Deutschland noch in einem naturnahen Zustand. 90 Prozent der Auen sind auf Grund der intensiven Nutzung, ausbleibenden Überflutungen und Gewässerausbau deutlich bis sehr stark verändert.
„Es besteht dringender Handlungsbedarf, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und die Flussauen naturnah zu entwickeln. Denn Auenschutz dient nicht nur dem Naturschutz, er ist zugleich praktizierter Hochwasserschutz und unterstützt angesichts vielfach steigender Hochwassergefahren die notwendige Anpassung an den Klimawandel“, sagte BfN-Präsidentin Professorin Beate Jessel bei der Präsentation in Bonn. „Sieben Jahre nach dem verheerenden Elbehochwasser ist festzustellen: Nach wie vor nutzen wir das Potenzial unserer Flussauen als Rückhaltegebiete bei Hochwasser nur unzureichend. Hier sind in den nächsten Jahren verstärkte Anstrengungen bei Ländern und Gemeinden, aber auch von Seiten des Bundes erforderlich. Gerade in Zeiten des Klimawandels ist es notwendig, den Schutz und die Wiederherstellung der Flussauen als Verbündeten des Hochwasserschutzes in der Öffentlichkeit und bei den Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung stärker zu verankern“, erklärte BfN-Präsidentin Jessel.
Mit der bundesweiten Erfassung des Zustandes der Flussauen hat das BfN eine Verpflichtung aus der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt umgesetzt. Naturnahe Auen sind nicht nur für den vorsorgenden Hochwasserschutz unverzichtbar. Sie sorgen im Naturkreislauf für sauberes Trinkwasser, sind wichtige Erholungsräume für den Menschen sowie länderübergreifende Achsen für den Biotopverbund und damit Lebensraum für eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere. Lediglich rund 5.700 ha naturnahe Hartholzauwälder sind bundesweit noch erhalten geblieben, was weniger als 1% des ursprünglichen Bestandes entspricht. Feuchtgebiete, die natürlicherweise große Flächenanteile einnehmen würden, umfassen mit rd. 10.000 ha nur ca. 2 % der Überschwemmungsauen und deutlich weniger als 1% der Altauen.
„Intakte Flussauen sind eine moderne Arche Noah. Kein anderes Ökosystem in Mitteleuropa beherbergt eine vergleichbare Arten- und Lebensraumvielfalt. Mit den vorgestellten Ergebnissen wird nicht nur der besorgniserregende Zustand der Auen fachlich dokumentiert, sondern es wird damit gleichzeitig eine bundesweit einheitliche Messlatte für den Erfolg der Schutzbemühungen geschaffen. Diese müssen insbesondere bei den intensiven Nutzungen, bei Veränderungen des Grundwasserstandes sowie der Überschwemmungshäufigkeit und beim Gewässerausbau ansetzen. Der Auenschutz in Deutschland erhält durch die vorgelegten Ergebnisse neue Impulse“, erläuterte die BfN-Präsidentin.
Flüsse und Bäche sind die ökologischen Lebensadern der Natur. Was der Verlust an naturnahen Flussläufen und Auen mit Hochwassern zu tun hat, offenbaren regelmäßige Flutkatastrophen wie an Oder und Elbe. Renaturierungsprojekte helfen, soetwas zu verhindern.
Hochwasserschutz durch überflutende Auen
Hochwasserschutz braucht Fläche
Nur 15 bis 20 Prozent der natürlichen Auen sind noch übrig
NABU-Aktivitäten für lebendige Flüsse
NABU-Resolution zum Schutz der Elbe und ihrer Auen
Renaturierungschancen konsequent nutzen
Die Wasserrahmenrichtlinie der EU
Ziel ist ein guter Zustand der europäischen Gewässer
NABU-Bundesfachausschuss Flüsse
Senckenberg-Forschungsbereich Fluss- und Auenökologie
Arbeitsgruppe Auenökologie am UFZ
Naturverträglicher Hochwasserschutz
Ökosystemleistungen von Auen und Fließgewässern
Auen und Fließgewässer als Lebensraum für Fische
Das Bundesprogramm Blaues Band soll die Renaturierung von Flüssen und Auen fördern, so steht es im Koalitionsvertrag. Ein zukunftsorientiertes, starkes Bundesprogramm Blaues Band braucht jedoch eindeutige Kompetenzen, klare Aufgabenzuordnungen und einen belastbaren Rechtsrahmen. Nur so kann es den Gewässerschutz in Deutschland substanziell voran zu bringen. Doch genau diese Voraussetzungen sind bisher nicht gegeben. Stattdessen gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Aufgaben und Spielräume der Wasserstraßenverwaltung bei Renaturierungsmaßnahmen und immer wieder gibt es Streit über die genaue Abgrenzung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern.
Ein vom NABU in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt dies ganz deutlich. Der renommierte Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Kurt Faßbender untersuchte die relevanten Gesetze, mit einem klaren Ergebnis: Der Gesetzgeber hat es bisher versäumt, die ökologischen Verantwortlichkeiten an den Wasserstraßen klar zu regeln, so dass sich ein Kompetenzgewirr ergibt. Weitere Informationen
Flüsse sind ein wahres Wunderwerk der Natur, und sie leisten viel für Mensch und Ökosystem. Sie bieten Erholung, spenden Nahrung und Schutz vor Hochwasser, bieten Tieren und Pflanzen Lebensraum und reinigen unser Trinkwasser. Doch gesunde und natürliche Flüsse gibt es nur noch wenige. Wir müssen dringend umdenken, wir brauchen gesunde und natürliche Flüsse und Auen!
In den vergangenen 20 Jahren wurden bundesweit rund 170 Renaturierungsprojekte in Flussauen umgesetzt. Naturnahe Flussufer, artenreiche Feuchtwiesen und strukturreiche Auwälder sind wiederhergestellt, standortangepasste Nutzung gefördert und flussnahe Deiche zurückverlegt worden. Dabei wurden etwa 5.000 Hektar überflutbare Auenfläche zurückgewonnen. Dies ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMUB) und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Mit der Studie liegt erstmals ein Überblick über die vielfältigen Aktivitäten im Auenschutz in Deutschland vor.
"Die naturnahe Entwicklung von Gewässern und Auen ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Intakte Gewässer und Auen sind nicht nur von großem ökologischem Wert. Sie bringen der Gesellschaft vielfältigen Nutzen. Sie dienen dem Hochwasserschutz, bieten Erholungsmöglichkeiten und sind gleichzeitig eine wirksame Anpassung an den Klimawandel. Wir müssen dieses Naturkapital als sogenannte grüne Infrastruktur für heutige und zukünftige Generationen erhalten und entwickeln", sagte Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks.
Die Studie zeigt, in welchem Umfang bereits Maßnahmen zur Wiederherstellung von Auen durch Auenrenaturierungen sowie zur Vergrößerung des Retentionsraumes durch Deichrückverlegungen stattgefunden haben. Beispiele aus allen Einzugsgebieten der großen deutschen Flüsse und allen Flächenbundesländern verdeutlichen, wie die biologische Vielfalt von den naturnahen Entwicklungen profitiert. Die Bestände seltener Tier- und Pflanzenarten - beispielswiese von Sibirischer Schwertlilie, Rotbauchunke, Eisvogel und Fischotter - haben sich in den renaturierten Abschnitten erholt. Neben der Natur profitiert auch der Mensch vom Auenschutz. Denn die vielfältigen und schönen Flusslandschaften besitzen einen hohen Freizeit- und Erholungswert. Bei zahlreichen Maßnahmen wurde zusätzlich der natürliche Wasserrückhalt verbessert und somit ein Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet.
Die aktuelle Studie macht aber auch deutlich, dass weiterhin große Anstrengungen erforderlich sind. Die Wirkung der umgesetzten Maßnahmen ist bislang noch begrenzt, großflächige Maßnahmen besitzen vielerorts noch Modellcharakter. 2009 hatten das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz im Auenzustandsbericht festgestellt, dass deutschlandweit zwei Drittel der Überschwemmungsflächen durch Deiche abgetrennt und nur zehn Prozent der verbliebenen Auen noch in einem naturnahen Zustand sind. "Die Zeit ist reif für eine großräumige Umsetzung von Gewässer- und Auenrenaturierungen. Modellhafte Einzelmaßnahmen reichen für eine Trendwende nicht aus. Öffentliche Gelder und Flächen, die zur Renaturierung von Gewässern und Auen bereitgestellt werden, sind langfristige und Gewinn bringende Investitionen in die Zukunft", sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.
Die gesellschaftliche Akzeptanz für ein solches Vorgehen ist vorhanden. Nach einer repräsentativen Umfrage zum Naturbewusstsein 2013 spricht sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung für eine naturnahe Gestaltung von Flüssen und Bächen und für die Schaffung zusätzlicher Überschwemmungsflächen in Auen aus. Dazu haben nicht zuletzt auch die katastrophalen Hochwasserereignisse der letzten zwei Jahrzehnte beigetragen.
"Mit dem Nationalen Hochwasserschutzprogramm und dem Bundesprogramm ,Blaues Band` sind wir auf dem richtigen Weg", erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Mit dem Nationalen Hochwasserschutzprogramm soll den Flüssen mehr Raum gegeben werden. Das Bundesprogramm "Blaues Band" bietet die Chance, die Renaturierung von Bundeswasserstraßen und deren Auen voran zu bringen. Dabei sind die Bundeswasserstraßen, die nicht mehr für den Gütertransport genutzt werden und für die der Unterhaltungsaufwand gezielt reduziert werden soll, von entscheidender Bedeutung für den Aufbau eines Biotopverbundes von nationaler Bedeutung. "Ein solcher Biotopverbund wäre auch über unsere Grenzen hinweg beispielgebend", erklärte die Bundesumweltministerin.
"Es sprechen viele Gründe dafür, dass wir uns intensiver um unsere Gewässer und Auen kümmern und alles daran setzen, ihren ökologischen Zustand nachhaltig zu verbessern. Die vielen Beispiele in der neuen Broschüre machen Mut und zeigen, dass Nutzungsansprüche und Natur miteinander vereinbar sind", sagte BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.
Den Flüssen mehr Raum geben - Renaturierung von Auen in Deutschland
Intakte Gewässer und Auen sind nicht nur von ökologischem Wert. Sie bringen der Gesellschaft vielfältigen Nutzen in Millionenhöhe. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Greifswald, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben hatte. Welchen Nutzen Gewässer und Auen konkret für den Hochwasserschutz, die Reinhaltung von Gewässern, den Klimaschutz erbringen und wie sie zum Schutz der biologischen Vielfalt und zum Wohlbefinden der Menschen beitragen, ist nachzulesen in einer Broschüre
Die Menschen in den sächsischen Hochwassergebieten sind zunehmend besser auf Fluten vorbereitet. Allerdings wachsen die Unterschiede zwischen jenen, die gut geschützt sind, und jenen, denen es an Absicherung mangelt. Gerade Haushalte, die zum zweiten oder dritten Mal seit 2002 im Wasser standen, hatten besonders schwer mit den Folgen des Hochwassers von 2013 zu kämpfen. Zu diesem Ergebnis kommt eine sozialwissenschaftliche Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Die Wissenschaftler hatten dazu knapp 1000 Haushalte in sächsischen Kommunen und Städten an Elbe, Mulde, Neiße und kleineren Gewässern in der Oberlausitz befragt, die seit 2002 mehrmals von Hochwasser betroffen waren. Ziel der Studie war es, die Auswirkungen der Fluten der letzten Jahre auf die Bevölkerung und deren Umgang damit zu untersuchen. Weitere Informationen
Deutschlands Flussauen sind mehr als attraktive Landschaften und nationale Hotspots der biologischen Vielfalt. Sie erbringen einen großen Nutzen für die Gesellschaft. Bei Hochwasser schützen Auen als natürliche Rückhalteflächen Vermögenswerte entlang von Flüssen von über 300 Milliarden Euro. Jahr für Jahr halten sie bis zu 42.000 Tonnen Stickstoff sowie über 1.000 Tonnen Phosphor zurück und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Reinhaltung der Flüsse sowie zum Schutz der Meere vor weiterer Überdüngung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Institut biota (Bützow) im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) erstellt haben. Die Wissenschaftler erstellten erstmals einen Überblick über ausgewählte Ökosystemfunktionen der Flussauen Deutschlands. Dazu wurden Auenflächen von rund 15.000 Quadratkilometern an insgesamt 79 Flüssen ausgewertet. Weitere Informationen
Die Hochwasservorsorge sollte sich in Deutschland künftig an vier Eckpunkten orientieren: Technischer Hochwasserschutz für größere Siedlungen wird genauso benötigt wie mehr Raum für die Flüsse durch Rückdeichungen und Einbeziehung der Landwirtschaft. Gleichzeitig sollte die private Vorsorge dort unterstützt werden, wo der technische Hochwasserschutz bisher nicht ausreichend vor Schäden schützt. Um die verbleibenden Schäden solidarisch zu tragen, wäre eine vorsorgeorientierte Versicherungspflicht sinnvoll. Dies schreiben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in einer Stellungnahme zum Hochwasser 2013.
Am 2. Juni 2016 hatte die AULA-Initiative zur 3. City-Tagung eingeladen. Dabei sollte es um die vielfältigen Aufgaben der Leipziger Aue gehen, die sich im Spannungsfeld zahlreicher
unterschiedlicher Interessen befindet. Beispielsweise stehen sich Naturschutz und Freizeitnutzung gegenüber, bis hin zu Plänen einer intensiven Tourismusentwicklung in der Region. Ein anderer
Konflikt entsteht immer wieder zwischen Natur- und Hochwasserschutz.
Das Treffen begann mit einer Exkursion durch die Burgaue, bei der einige der drängenden Fragen an Beispielen direkt vor Ort betrachtet und besprochen werden konnten. Im Anschluss folgte ein
Abendprogramm mit Fachvorträgen zu ökologischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Fragen rund um Auen und Gewässernutzung.
In angenehmer Atmosphäre fand ein nützlicher, fachlicher Meinungsaustausch statt. Die Leipziger Naturschutzverbände hoffen, dass die bei der City-Tagung angesprochenen Probleme und Beispiele in
Leipzig weiter konstruktiv diskutiert werden. Dazu gibt es bereits mehrere Gesprächsplattformen, wie beispielsweise die Leipziger Auengespräche. |||
Besonders betroffen von den Unwetter-Ereignissen im Juni 2016 waren Mittelgebirgsregionen. Dies sind in Sachsen in der Regel die Kammlagen des Erzgebirges. Der NABU spricht sich schon seit langem für eine wesentliche Verbesserung natürlicher Rückhalteflächen in Bergregionen durch eine strikt nachhaltige Landnutzung aus. Forscher der Freien Universität Berlin haben hier im Rahmen des Projektes DINGHO (Dezentraler integrierter grenzübergreifender Hochwasserschutz) ein ganzes Maßnahmenpaket mit Vorschlägen herausgearbeitet. So beispielsweise Hochwasserrückhalt durch Waldumbau und Aufforstungen, mehrere kleinere Rückhaltebecken, geänderte Bodenbearbeitung, wo möglich die Beseitigung von Wehren, veränderte Brückendimensionierungen, die Renaturierung von Quellgebieten und Bächen und Rückbau von Gebäuden in den Überschwemmungsgebieten, wo dies möglich ist. Die Berechnungen haben ergeben, dass sich dadurch die Zuflüsse aus den kleinen Bächen und Gräben bis zur Hälfte reduzieren lassen, oder im „Hochwasserdeutsch“ eine Kappung der Scheitel bis zu 50 Prozent möglich ist. Die Umsetzung der Maßnahmen darf nicht länger hinausgeschoben werden.
Hinzu kommt, dass das Bauverbot in Überschwemmungsgebieten rigoros umgesetzt werden muss. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, so bei Planungen für Bauvorhaben in Seifersdorf, Grimma und Dresden-Mickten, belegen jedoch das Gegenteil. Kommunale Raumplanungen dürfen nicht allein auf technische Hochwasserschutzmaßnahmen setzen, sondern müssen an mögliche Gefahrensituationen durch Unwetter angepasst werden. |||
15 Jahre nach der Flutkatastrophe in Sachsen und 4 Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser im Jahr 2013 fehlen noch immer tausende Hektar natürliche Überschwemmungsflächen in den sächsischen Flussauen, obwohl die Staatsregierung im Jahr 2010 die Rückgabe von 7.500 Hektar ehemaliger Überschwemmungsflächen an Flüssen ankündigte.
Später wurde allerdinmgs diese Fläche auf 5.650 Hektar reduziert, und tatsächlich konnten davon sogar erst 4,6 Prozent als natürliche Überschwemmungsfläche gewonnen werden - gerade einmal 260 Hektar. Das ist Hochwasserschutz im Zeitlupentempo! Angesichts des Klimawandels mit zunehmenden Starkregenereignissen wäre ein verbesserter ökologischer Hochwasserschutz dringend nötig, ebenso für den Schutz der Artenvielfalt in den früheren Auenlandschaften.
Die ernüchternden Zahlen gehen aus aktuellen Antworten von Innenminister Markus Ulbig und Umweltminister Thomas Schmidt auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Stand der Hochwasserschutzmaßnahmen hervor. Würde das bisherige Tempo beibehalten, müssten die sächsischen Bürger noch etwa 150 Jahre auf die komplette Umsetzung der angestrebten Maßnahmen wie Deichrückbau und Polderflächen warten! Momentan befinden sich weitere Flächen im Planungsstadium. Somit besteht die Hoffnung, dass sich etwas in Richtung ökologischer Hochwasserschutz bewegt.
Das im Juli von der Bundesregierung verabschiedete neue Hochwasserschutzgesetz ist dabei eine gute Unterstützung. Das Hochwasserschutzgesetz geht von einem Paradigmenwechsel aus, da es die
Vorsorge in den Blick nimmt. Weil Regen und Hochwasser nicht verhindert werden können, geht es darum, den Flüssen mehr Raum zu geben und Schäden durch Hochwasser zu verhindern oder zu vermindern.
So dürfen in den von den Bundesländern festgesetzten Überschwemmungsgebieten im Außenbereich von Gemeinden in der Regel keine Baugebiete mehr ausgewiesen werden. Auch die Errichtung von Mauern
und Wällen, die den Wasserabfluss behindern, ist untersagt. Die einzige Ausnahme stellt der Bau von Dämmen und Deichen dar. Maßnahmen, die den Hochwasserschutz behindern oder Schäden im
Hochwasserfall erhöhen, werden grundsätzlich verboten, zum Beispiel die Umwandlung von Grünland in Ackerfläche.
Nach 2002 wurde in Sachsen vor allem in den technischen Hochwasserschutz – Deichreparatur, -neubau, -erhöhung und mobile Schutzwände – investiert; doch natürliche Rückhalteräume bieten den besten
Hochwasserschutz. Der NABU Sachsen fordert deshalb erneut eine konsequente Ausrichtung der Maßnahmen auf ökologischen Hochwasserschutz, um den Flüssen mehr Raum zur Entfaltung ihrer natürlichen
Dynamik zu geben; dabei müssen auch landwirtschaftlich genutzte Flächen einbezogen werden.
Rund um Flüsse sind viele Gebiete großflächig versiegelt und Ackerflächen durch intensive Landwirtschaft verdichtet, sodass Wasser nur sehr langsam im Boden versickern kann. Ein Umdenken in der Landbewirtschaftung gehört deshalb zum nachhaltigen Hochwasserschutz dazu. Keinesfalls sollten neue Bauvorhaben in Flussauen genehmigt werden. Diese Naturräume sind bedeutende Lebensräume für Pflanzen und Tiere, wie für das Wappentier des NABU, den Weißstorch, und sie können sich an regelmäßige Überflutungen gut anpassen. ◼
Flüssen und Auen mehr Raum geben, sie naturnah entwickeln und die Wasserqualität verbessern, das ist Ziel der Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL). Bereits im Jahr 2000 wurde sie beschlossen, doch Deutschland kommt den Verpflichtungen
nicht nach. Nur acht Prozent der Gewässer in Deutschland erreichen einen guten Zustand. Damit liegt Deutschland beim Gewässerschutz in der EU nur auf Platz 21 von 26 Mitgliedstaaten.
NABU und BUND haben deshalb Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt, weil Deutschland die WRRL missachtet. Es soll ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet
werden. Weitere Informationen
Für Sachsen hat der Freistaat im Juni 2019 ein „Auenprogramm“ veröffentlicht, das sich mit den Anforderungen des Hochwasser-, Gewässer-, Natur- und Klimaschutzes sowie einer nachhaltige Landnutzung beschäftigt. Der NABU begrüßt das, denn es ist überfällig! Doch an vielen Stellen ist das Programm zu unkonkret, ein klares Bekenntnis zu naturnahen Auenlandschaften mit Weich- und Hartholzaue und lebendigen, Hochwasser führenden Flüssen fehlt. Dem Schriftstück müssen dringend Taten folgen, denn die Auen sind in einem alarmierend schlechten Zustand und Der Freistaat Sachsen war bisher im Bereich des Auenschutzes weitgehend untätig. Weiterlesen
Das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) Leipziger Auensystem ist trotz unübersehbarer menschlicher Nutzung und Überprägung ein ökologisch wertvolles, artenreiches Auenökosystem. Doch es muss jetzt gehandelt werden, um es vor dem Verschwinden zu schützen!
In den letzten 100 Jahren haben wasserbauliche Maßnahmen zu einer massiven Bedrohung der Flusslandschaft geführt. Vor allem der Bau der Neuen Luppe und der damit verbundene Grundwasserentzug
sowie die weitreichenden Eindeichungen haben die Flüsse von ihrer Aue getrennt und führen zu einer schleichenden Austrocknung. 2018 hat die Stadt Leipzig den Dialog mit den Naturschutzverbänden
aufgenommen, um ein Konzept zur Rettung des Leipziger Auwaldes zu erstellen. Ein Jahr später hat sich auch das Land Sachsen des Themas angenommen und ein Auenprogramm veröffentlicht. Schutz,
Erhalt und Entwicklung der sächsischen Auenlandschaften müssen zukünftig in der Region eine zentrale Rolle beim Erhalt der Biodiversität, beim Klimaschutz und Hochwasserschutz spielen, zudem
dienen solche Maßnahmen den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie und sind daher auch gesetzlich vorgeschrieben.
Der NABU hat für die Leipziger Auenlandschaft konkrete Forderungen formuliert, die über das Wasserregime hinausgehen. Denn in einer urbanen Auenlandschaft, wie in Leipzig und Schkeuditz, spielen
auch Faktoren wie Infrastruktur, Besiedlung, Tourismus und wirtschaftliche Nutzung eine große Rolle. Weiterlesen
Die Weiße Elster ist Sinnbild eines zeitgenössischen Fließgewässers. In Teilen noch verhältnismäßig naturnah, streckenweise durch die menschliche Nutzung der Gewässer mehr oder weniger stark verändert bis hin zu extremen Laufverkürzungen durch Begradigungen und Umverlegungen, die in der sogenannten „Betonelster“ südlich von Zwenkau gipfelten.
Von den NaturFreunden Deutschlands und dem Deutschen Angelfischerverband wurde die Weiße Elster zur Flusslandschaft des Jahres 2020/21 gewählt. Diese Auszeichnung rückt nicht etwa die Schönheit der unveränderten Abschnitte in den Mittelpunkt, sondern die prägende Rolle eines Flusses für die Landschaft und die Gesellschaft. Dabei ist nicht nur der Fluss an sich gemeint, sondern auch die von ihm beeinflusste Umgebung: heute eine Kulturlandschaft, die intensiv genutzt und teilweise stark besiedelt ist, geprägt von Landwirtschaft, Berg- und Tagebau. Obwohl seit nunmehr 20 Jahren die Wasserrahmenrichtlinie der EU die Verbesserung des ökologischen und chemischen Zustands der Flüsse vorschreibt, sind die Auen der Weißen Elster vielerorts in einem naturfernen Zustand. Weiterlesen
Maßgeblich auf Initiative von Prof. Dr. Christian Wirth vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) hat der NABU Sachsen zusammen mit anderen Verbänden sowie Vertretern aus zuständigen Kommunal- und Fachbehörden eine „Vision“ als naturschutzfachliches Leitbild für die Auenentwicklung in und um Leipzig entwickelt. Das Ergebnis ist ein 63-seitiges Diskussionspapier mit dem Titel „Dynamik als Leitprinzip zur Revitalisierung des Leipziger Auensystems“. Sachsens Umweltminister Günther würdigte das Papier als fundierte Grundlage und kündigte weitere Schritte an. In zehn Thesen stellen die Autoren Leitlinien vor, auf deren Grundlage detaillierte Konzepte für die Wiederbelebung der Auen erarbeitet werden können. Denn das Auensystem entlang der Weißen Elster, Pleiße und Luppe ist seit Jahrzehnten von seinem wichtigsten Element abgeschnitten: dem Wasser. Der Wald trocknet buchstäblich aus, verliert seine charakteristischen Baumarten und deren Bewohner. Weiterlesen