Spannung pur bot ein Ausflug der NABU-Kindergruppe „Parthefrösche“ ins Schloss Hohenprießnitz an der Mulde zu einer Fledermausnacht mit dem NABU-Fledermausexperten Rolf Schulze. Ihm gelang es von
der ersten Minute an, seine Gäste auf den Wegen durch das alte Schoßgemäuer und dessen Umgebung in den Bann zu ziehen.
Fledermäuse mögen es warm, Zugluft behagt ihnen nicht. Optimale Bedingungen finden die Nachtschwärmer beispielsweise in dem durch Sonneneinwirkung aufgeheizten Dachstuhl des Hohenprießnitzer
Schlosses. Aber wie kommt man den heimlichen Fledermäusen dort und anderswo auf die Spur? Rolf Schulze lenkt die Blinke der jungen Naturschützer auf den Boden des Dachstuhls. Dort liegen kleine
Kotkrümel weit verstreut umher. Die kleinen Naturforscher knien nieder und schauen gebannt in das Licht der Taschenlampe, unter der Rolf Schulze zwischen zwei Fingern Kotkrümel zerbröselt und
erklärt: „Der Kot kann nur von Fledermäusen stammen.“ Sie enthalten Chitin, aus dem die Panzer der Insekten bestehen, die von den Fledermäusen verspeist wurden. Deshalb lassen sie sich leicht
zerreiben, wodurch man den Fledermaus- von Mäusekot unterscheiden kann, der härter ist. „Ein prima Pflanzendünger ist das“, erklärt NABU-Experte Schulze den jungen Fledermausfreunden, die ihre
anfängliche Scheu überwinden und das Zerbröseln der Überbleibsel einiger nächtlicher Fledermausmahlzeiten dann auch selbst in die Hand nehmen.
Wenige Schritte weiter führt Rolf Schulze zu Resten von Schmetterlingen, die auf dem Dachboden verstreut umherliegen. Ratlose Blicke, als Schulze die Frage aufwirft, wie das denn zusammen passe,
dass nachtaktive Fledermäuse Schmetterlinge erbeuten könnten, die, wie etwa das Tagpfauenauge, tagsüber unterwegs sind. Und der Experte beantwortet die Frage schließlich selbst: „Manche
Fledermausarten pflücken, wie Kolibris in der Luft schwirrend, unter Blättern und an Zweigen schlafende Schmetterlinge ab.“
Und dann unter der Decke und im Schweinwerferlicht der Taschenlampe von Rolf Schulze kann man die ersten Fledermausmännchen entdecken, die dort einzeln und noch schlaftrunken hängen und aus
kleinen Ritzen, in denen sie sich tagsüber versteckt gehalten hatten, hervorgekommen waren. Für sie befinden sich zum Ein- und Ausflug spezielle Ziegelsteine an den Seiten des Dachstuhls. Und wo
sind die Fledermausweibchen? Rolf Schulze steigt mit seiner Gästeschar in der einbrechenden Dunkelheit auf engen und steilen Treppenstufen unter das Gebälk der benachbarten Dorfkirche. Dort
hängen einige weibliche Tiere in kleinen Gruppen eng aneinander gekuschelt. Kinder haben sie noch nicht. Wenn die schwangeren Fledermausmütter aber in der nächsten Zeit jeweils ein Kind zur Welt
gebracht haben werden, wird der Fledermausnachwuchs dann in diesen Wochenstuben jeweils von einigen Müttern betreut werden, während andere auf Nahrungssuche in der Nacht unterwegs sind. Die
Fledermausmännchen haben hier nichts verloren. Durchschnittlich kommen auf ein Fledermausmännchen sieben weibliche Tiere. „Und was denkt ihr, was bringen die Mütter ihren Kindern an Nahrung
mit?", lautete die Fangfrage von Rolf Schulze. Jedes Mal schüttelt er lächelnd unter dem fahlen Licht auf dem Dachstuhl der Kirche den Kopf, als ihm Heuschrecken, Schmetterlinge, Mücken und
andere Tiere als Antworten angeboten werden. Die Überraschung: Fledermäuse sind Säugetiere, und der Fledermausnachwuchs wird nicht gefüttert, sondern von der Mutter mit Milch aufgezogen. Aber die
Natur ist hart. 80 Prozent eines Jahrgangs überlebt nicht den ersten Winter, auch wenn einzelne Tiere über 20 Jahre alt werden können. Rolf Schulze hält eine tote Fledermaus in den Händen, als er
darüber spricht. Die Lacher hat er dann wieder auf seiner Seite, als er erzählt, dass es in den Fledermaus- Kindergruppen ganz schön laut und zappelig zugehen könne. „Das kennt ihr doch, oder?“,
wirft er ein, bevor es die enge Stiege wieder runter ins Freie geht, wo die Nacht inzwischen angebrochen ist.
Die Fledermaussuche mit dem sogenannten Bat-Detektor kann beginnen. Damit fängt Rolf Schulze an unterschiedlichen Stellen in der Umgebung des Schlosses die hohen, artspezifischen Ultraschallaute
verschiedener Fledermausarten ein, die so für das menschliche Ohr hörbar werden. Mehrere Abendsegler streifen hoch über den Wipfeln der Bäume unsichtbar in der dunklen Nacht durch die Lüfte,
während Breitflügelfledermäuse in tieferen Lagen auf die nächtliche Jagd gehen und nur gelegentlich als Schatten und für kurze Momente zu sehen sind. „Die haben nach langer Morgentoilette jetzt
richtigen Heißhunger“, sagt Schulze auf einer Brücke im Schlosspark zum Abschluss seiner Vorführung.
Von alledem bekommt der jüngste Teilnehmer nicht mehr viel mit. Dem vierjährigen Friedrich fallen die Augen zu, während die Fledermäuse um ihn herum die Nacht zum Tage machen und nur ein
quakender Laubfrosch die Stille der Nacht durchbricht.