Im Juni 2022 wurde der NABU Leipzig kontaktiert, ein Gemeinschaftliches Wohnhaus-Projekt hatte erfahren, dass der NABU Leipzig zu Maßnahmen des „Animal Aided Design“ berät. Sabrina Rötsch, Mitarbeiterin der NABU-Naturschutzstation, vereinbarte einen Vororttermin um Möglichkeiten in der Freiraumplanung, Dachbegrünung, Fassadenbegrünung sowie andere biodiversitätsfördernde Maßnahmen zu besprechen. Dabei fand auch eine Erfassung der vorhandenen Lebensräume und Arten statt.
Die Bauherren wünschten sich einen essbaren Vorgarten mit Gemüse und vielen Blüten, einen Lehmbackofen, eine Komposttoilette, eine Totholzhecke und eine Blühwiese. Auf Empfehlung des NABU sollten
außerdem an dem Wohnhaus Nisthilfen für Gebäudebrüter angebracht werden, für Mauersegler und Haussperlinge.
Das Team der NABU-Naturschutzstation „Stadt und Aue Leipzig“ erarbeitete eine Planung zur Förderung der Biodiversität. Demnächst wird es weitere Vororttermine geben, um die Realisierung der
Maßnahmen weiter zu besprechen bzw. sie dann auch zu realisieren.
Der offen gestaltete Vorgarten wird durch einen Staketenzaun begrenzt. Die südliche Ausrichtung ermöglicht naturnahes Gärtnern, den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern in Mischkultur sowie blühende Säume zur Förderung der Artenvielfalt.
Ob in Hochbeeten oder als Bauerngarten, der Vorgarten soll zum Gärtnern genutzt werden. Bei Anbau in Mischkultur finden auf kleinster Fläche zahlreiche Kulturpflanzen Platz. Eine Kornelkirsche beschattet den Kompost, Beerensträucher laden zum Naschen ein. Ein blühender Saum entlang des Staketenzaunes bietet Insekten Nahrung.
Unversiegelte Wege können mit sandigem Substrat als Blumen-Schotterrasen angelegt werden. Es blüht dort, wo wenig betreten wird. Ergänzend kann ein Klima-Kräuterrasen eingesät werden, er kann als betretbarer Rasen gemäht werden oder als Kräuterwiese aufwachsen.
Ein niedriges Kräuterbeet lässt den Blick aus dem Fenster unverstellt. Als Trockenmauer gestaltet, finden zahlreiche Arten Unterschlupf, die Kräuter können in der Küche genutzt werden.
Der östlich liegende Bereich bietet Platz für Carsharing-Stellplatz, Fahrräder und Lastenrad. Eine multifunktionale Nutzung durch sandige Substrate mit Blumen-Schotter-Rasen bietet gleichzeitig Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Insekten.
Ein begrünter Fahrradständer kühlt die Umgebung durch Verdunstung, Photovoltaik bringt zusätzliche Energie für z.B. Außenbeleuchtung. Ein Doppelstock-Fahrradparksystem ermöglicht zusätzlichen Platz für einen Lehmbackofen.
Wege und Stellplätze können unversiegelt oder teilversiegelt mit einem Blumen-Schotter-Rasen angelegt werden. Betreten und Befahren reduziert die Vegetation, offene Bodenstellen können so von Wildbienen als Nistplatz und von Spatzen als Staubbad genutzt werden, die heimischen Kräuterarten bieten Nahrung.
Platz für Mülltonnen, eingefasst und begrünt sowie ein Kompost für den hinteren Gartenbereich sollten berücksichtigt werden.
Der Garten wird mit einer mehrreihigen Hecke aus heimischen Gehölzen und einem blühenden Saum nach außen abgerenzt. Elemente aus Totholz laden zum Sitzen und Klettern ein.
Die vorhandene Benjeshecke kann ergänzend mit einer mehrreihigen Hecke aus heimischen Gehölzarten umpflanzt werden. Ein blühender Saum entlang der Hecke bietet Lebensraum und Nahrung für Tiere. Großkronige heimische Bäume bieten Beschattung und kühlen durch Verdunstung.
Totholz kann als Sitzgelegenheit oder zum Klettern genutzt werden. Ein Totholzhaufen in der Hecke bietet Unterschlupf für Igel, Kröte und Co. Der Klima-Kräuterrasen kann als Rasen betreten werden oder an ungenutzten Bereichen aufwachsen.
Ob Lagerfeuer, Grillplatz oder Lehmbackofen – ein Platz zum gemeinsamen Beisammensein, Entspannen und Essen sollte nicht fehlen.
Die Berücksichtigung von Tierarten und deren Bedürfnissen innerhalb ihres Lebenszyklus kann durch frühzeitige Integration in Bauplanungen die Biodiversität fördern. Die ökologisch funktionale
Förderung von Tierarten ist eine Kernkompetenz des NABU und wird als artspezifische Biodiversitätsförderung bezeichnet.
Für das Bauprojekt wurden Schirmarten ausgewählt, die jeweils bestimmte Habitatansprüche repräsentieren und deshalb als Botschafterarten für verschiedene Lebensgemeinschaften fungieren. Von
Maßnahmen für diese „Schirmarten“ profitieren auch weitere Arten und die Biodiversität auf der Fläche insgesamt. Die Auswahl der Schirmarten erfolgte anhand der Lebensstätten, die vor Ort bereits
vorhanden sind oder aufgrund der geplanten Nutzung dort geschaffen werden können, z.B. Nisthilfen oder heimische Pflanzenarten, die sich für den Standort eignen. Für das Bauprojekt wurden
Haussperling, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Igel, Zwergfledermaus, Dunkelfransige Hosenbiene, Rosen-Blattschneiderbiene und C-Falter als Schirmarten festgelegt.
Der standorttreue Spatz lebt als Kulturfolger des Menschen ganzjährig im Siedlungsbereich in geselligen Kolonien in Gebäudenischen und Kolonie-Nistkästen. Er hat einen kleinen Aktionsradius von 50 bis 500 Metern.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Weißdorn (Crataegus monogyna) | Hecke im Garten |
Felsenbirne (Amelanchier ovalis) | Vorgarten |
Königskerze (Verbascum spec.) | Saum Vorgarten |
Flockenblume (Centaurea spec.) | Saum Vorgarten und Hecke Garten |
Brennessel (Urtica spec.) | Kompost |
Gräserarten | Klima-Kräuterrasen extensiv |
Insektenförderung | Saum Vorgarten und Zufahrt |
Der Hausrotschwanz findet an Gebäuden im Siedlungsbereich „Ersatzfelsen“, um zu brüten. Er kann auf seiner Singwarte in einem Sprung und Salto nach oben Fluginsekten fangen. Er ist ein Zugvogel, überwintert jedoch zunehmend bei uns.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) | Hecke im Garten |
Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum) | Hecke im Garten |
Rote Johannisbeere (Ribes rubrum) | Beerenobst im Vorgarten |
Insektenförderung | Saum Vorgarten und Zufahrt |
Das Rotkehlchen ist ein Bodenbrüter, es benötigt dichte Hecken oder begrünte Fassaden zum Brüten. Es ernährt sich von Insekten, welche von Sitzwarten oder am Boden erbeutet werden. Im Winter bleibt es zunehmend bei uns.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) | Hecke Garten |
Liguster (Ligustrum vulgare) | Hecke Garten |
Faulbaum (Frangula alnus) | Hecke Garten |
Purgier-Kreuzdorn (Rhamnus cathartica) | Hecke Garten |
Rote Johannisbeere (Ribes rubrum) | Beerenobst Vorgarten |
Insektenförderung | Hecke Garten, Totholz, Säume |
Der Igel ist im Siedlungsbereich häufiger als im Umland zu finden. Er ist nachtaktiv und ernährt sich von Bodenlebewesen. Igel sind Gewohnheitstiere mit festen Routen und großen Revieren. Im Winter hält er Winterschlaf.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Die Zwergfledermaus gehört zu den gebäudebewohnenden Fledermausarten. Fledermäuse sind nachtaktiv, sie jagen Insekten durch Echoortung im Flug. Im Winter halten sie Winterschlaf.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum) | Fassadengrün |
Nachtviole (Hesperis matronalis) | Saum Vorgarten und Hecke Garten |
Nachtkerze (Oenothera spec.) | Saum Vorgarten |
Weiße Lichtnelke (Silene latifolia) | Saum Vorgarten und Hecke Garten |
Die Dunkelfransgie Hosenbiene ist eine erdnistende Wildbienenart. Sie lebt solitär und gräbt ihre Brutgänge in offene Bodenstellen. Sie ist auf Korbblütler spezialisiert.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Flockenblume (Centaurea spec.) | Saum Vorgarten und Hecke Garten |
Wegwarte (Cichorium intybus) | Saum Vorgarten |
Die Rosen-Blattschneiderbiene ist eine hohlraumbesiedelnde Wildbienenart. Sie lebt solitär und legt ihre Brutzellen in vorhandenen Hohlräumen an. Die Brutzellen werden mit Pflanzenblättern umhüllt.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Wegwarte (Cichorium intybus) | Saum Vorgarten |
Flockenblume (Centaurea spec.) | Saum Vorgarten |
Johanniskraut (Hypericum perforatum) | Saum Vorgarten |
Hornklee (Lotus corniculatus) | Klima-Kräuterrasen |
Der C-Falter ist eine von 184 Tagfalterarten in Deutschland. Er fliegt in zwei Generationen im Jahr und lebt an Heckensäumen und Waldrändern. Zur Eiablage ist er auf bestimmte Pflanzenarten angewiesen.
Nest
Nahrung
Umfeld
Förderungsmöglichkeiten
Pflanzplanung | Möglicher Standort |
Dost (Origanum vulgare) | Saum Vorgarten, Kräuterbeet |
Rote Johannisbeere (Ribes rubrum) | Beerenobst Vorgarten |
Hasel (Corylus avellana) | Hecke im Garten |
Felsenbirne (Amelanchier ovalis) | Vorgarten |
Margerite (Leucanthemum vulgare) | Saum Vorgarten, Zufahrt, Garten |
WEITERE INFORMATIONEN
Durch rücksichtslose Bebauung verschwinden mehr und mehr die Lebensräume für Tiere und damit Ökosystemleistungen und Biodiversität. Mit einer frühzeitigen Beachtung des Artenschutzes in der Planungsphase kann die Biologische Vielfalt im Stadtgebiet erhalten und sogar verbessert werden. Hierzu kann das Konzept Animal Aided Design ein wichtiger Baustein sein. Der NABU Leipzig bietet Bauherren, Planungsbüros und auch Privatmenschen Beratung dazu an. mehr
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