Der Mittelspecht wurde zum Leipziger Auwaldtier 2003 gewählt, weil er mit seiner Vorliebe für Alteichen und Todholz als eine typische Vogelart des Leipziger Auwaldes gilt.
Eine Hartholzaue mit deutlicher Dominanz von Stieleichen, wie sie im Leipziger Auwald früher einmal vorkam und künftig wieder angestrebt wird, bietet dem Mittelspecht einen idealen
Lebensraum.
Wenn man hier im Frühjahr ein krächzendes Gejammer vernimmt, wird es sich wahrscheinlich um das Liebeswerben des Mittelspechts handeln. Er teilt sich sein Refugium mit dem Buntspecht
(Dendrocopos major), dem Kleinspecht (Dendrocopos minor), dem Schwarzspecht (Dryocopus martius), dem Grauspecht (Picus canus) und am Waldrand mit dem
Grünspecht (Picus viridis).
Der Mittelspecht ist mit ca. 21 Zentimetern größer als der Kleinspecht, aber etwas kleiner und graziler als der bekanntere Buntspecht, was zu seinem Namen führte. Das Gefieder von Männchen und Weibchen lässt sich kaum unterscheiden. Sie tragen ganzjährig eine bis zum Nacken reichende charakteristische rote Kopfplatte sowie große weiße Schulterflecken. Im Sommer und Frühherbst kann man sie auf den ersten Blick mit jungen Buntspechten verwechseln, deren Kleid ebenfalls durch eine rote Kappe gekennzeichnet ist, die sich aber später wieder verliert.
Mittelspechte sind Standvögel, die aber gelegentlich vom Spätsommer bis zum Frühjahr einzeln umherstreifen. Von März bis Mai sitzen die Mittelspechtmännchen und -weibchen meist auf hohen Bäumen und machen sich durch jämmerlich quäkende Balzlaute bemerkbar. Das typische Balztrommeln, wie man es vom Buntspecht kennt, ist beim Mittelspecht nicht zu hören. Ihre Bruthöhle mit kreisrundem Einflugloch an der Astunterseite zimmert das Pärchen, das nur während der Brutzeit zusammenlebt, in der Regel in nahezu waagerechte starke Seitenäste alter Eichen. Von April bis Mai werden fünf bis acht Eier ausgebrütet. Die Jungen sind mit etwa drei Wochen flügge.
Das markante hackende Geräusch der nach Nahrung suchenden Hackspechte (Bunt-, Klein- und Schwarzspecht) vermisst man beim Mittelspecht. Auf Grund seines schwächeren Körperbaus (Schnabel, Schädel,
Füße) ist er nicht in der Lage zu hacken.
Oft wie eine Meise an dünnen Zweigen hängend stochert und sucht er mit seinem Schnabel nach Nahrung in der groben rissigen Borke alter Stieleichen. Seine Beutetiere spießt er dann auf die
Widerhaken seiner Zunge.
Manchmal nimmt er sie auch von Blättern und Zweigen ab. Diese Nahrung besteht in erster Linie aus Insekten, Larven und Raupen, seltener ernährt er sich auch pflanzlich von Samen, zum Beispiel von Eicheln, Haselnüssen und Bucheckern.
Während Erdspechte (Grau- und Grünspecht) ihre Nahrung vorwiegend am Boden suchen, besiedelt der Mittelspecht das „obere Stockwerk” lichter bis geschlossener Laubwälder mit hohem Alteichenbestand, in denen ganzjährig ein ausreichendes Angebot an Beutetieren vorkommt.
Ausgehend von seinem ursprünglichen Lebensraum im östlichen Mittelmeergebiet besiedelt der Mittelspecht gegenwärtig vorwiegend die warmgemäßigten Laubwaldzonen Mittel- und Südeuropas sowie
Vorderasiens. Sein Bestand lässt sich nur sehr schwer ermitteln, weil der Mittelspecht außerhalb der Hochbalz- und Fütterungszeit der Jungen ein sehr leiser und scheuer Vogel ist. Außerdem sind
Männchen und Weibchen äußerlich kaum zu unterscheiden. Die größte Population innerhalb Europas, wahrscheinlich sogar weltweit, kommt in Deutschland vor.
Der gesamte Leipziger Auwald ist – ausgenommen das stark frequentierte vordere und hintere Rosental – von etwa 40 bis 50 Brutpaaren besiedelt. Dabei weisen die nord- westliche Elster-Luppe-Aue
sowie die Burgaue einen stärkeren Besatz aus, als zum Beispiel das Eichholz bei Zwenkau. Außerhalb des Auwaldes ist im Raum Leipzig nur ein Brutvorkommen im Staditzwald bei Taucha bekannt.
Mittelspechte gehören nach Bundesnaturschutz-gesetz zu den besonders und streng geschützten Arten, da ihr Bestand ständig zurückgeht, wodurch die biologische Vielfalt eingeschränkt wird und damit
letztendlich die Ökosysteme gefährdet werden können. Eine wesentliche Ursache dafür ist im Rückgang des Alteichenbestandes, ihres Lebensraumes, zu sehen. Da Eichen ein Menschenalter (80 Jahre)
brauchen, um sich so zu entwickeln, dass sie den Ansprüchen des Mittelspechts sowohl zur Nahrungssuche als auch zum Bau seiner Bruthöhlen genügen, ist der Pflege und Erhaltung der Alteichen
höchste Bedeutung beizumessen. Äußerst wichtig ist weiterhin im Rahmen eines ökologischen Waldentwicklungsprogramms die zielgerichtete Bewirtschaftung des Leipziger Auwaldes, indem durch die
Erhöhung des Anteils an Stieleichen sowie Winterlinden und Hainbuchen die ideale Baumzusammensetzung der Hartholzaue wieder hergestellt wird.
Auch jeder Einzelne kann durch sein Verhalten etwas dafür tun, die Population des scheuen Mittelspechts zu erhalten, indem er sich im Leipziger Auwald ruhig und nicht abseits der Wege bewegt.
Text: Stadt Leipzig, Amt für Umweltschutz
Die heimischen Spechte im Vergleich