Wer aufmerksam und ruhig durch den Leipziger Auwald wandert und sich dabei an oder in der Nähe eines der zahlreichen Gewässer aufhält, kann ihn schon mit etwas Glück beobachten, den Eisvogel. Er
wurde in diesem Jahr zum Leipziger Auwaldtier ernannt.
Dabei kommt es nicht einmal auf die Jahreszeit an, da er auch im Winter, solange die Gewässer nicht gefroren sind, bei uns anzutreffen ist. Mit seinem wunderschönen Gefieder, der türkisblauen
Oberseite und der rostroten Unterseite mit weißer Kehle und Halsseiten, ist der reichlich sperlingsgroße Vogel mit keiner anderen Vogelart zu verwechseln. Auch sein übriger Habitus –
kurzschwänzig und langer Schnabel – ist markant. Am ehesten wird man durch seinen Ruf, ein relativ häufiges „Thiet“ oder kurzes „tit tit tit“ auf ihn aufmerksam. Dann kann man ihn im schnellen
geradlinigen Flug, meist kurz über der Wasseroberfläche, dahinjagen sehen.
Zur Anlage seines Nestes gräbt er in Uferabbüchen oder Steilwänden in Gewässernähe eine Röhre ins Erdreich, die bis 100 Zentimeter lang sein kann und an deren Ende sich eine kesselförmige
Erweiterung befindet. Hier werden ohne weitere Unterlage, nur auf den sich sammelnden ausgeworfenen Gräten (Nahrungsreste), die sechs bis acht Eier bebrütet. Nach etwa drei Wochen schlüpfen die
Jungen und nach weiteren reichlichen drei Wochen können sie das Nest verlassen. Die Brutzeit erstreckt sich von April bis Juni/Juli, so dass zwei Brutzeiten stattfinden können. Seine Nahrung
besteht hauptsächlich aus kleineren Fischen, die der Eisvogel meist von einer Ansitzwarte stoßtauchend erbeutet. Hat man einmal einen solchen Ansitz entdeckt, meist ein dünner Ast, der etwas über
das Wasser ragt, lässt sich gut beobachten, wie der Vogel mit geneigtem Kopf die Wasseroberfläche absucht, um dann im geeigneten Moment hineinzustoßen. Aber nicht immer ist er dabei erfolgreich
und muss seine Jagd oft auch mehrmals wiederholen. Dieses zu sehen, ist natürlich nur möglich bei ausreichender und störungsfreier Deckung, da die Vögel auf die geringste Beunruhigung reagieren.
Um den Lebensraum und damit auch die Art zu erhalten (der Eisvogel steht auf der „Roten Liste“ der bedrohten Vogelarten), ist eine Voraussetzung, unsere Gewässer sehr sorgfältig zu behandeln und Störungen, wie sie unser „moderner“ Alltag mit sich bringt, möglichst fernzuhalten. Gleiches gilt natürlich auch für den gesamten Leipziger Auwald und die Natur. Nicht nur der Eisvogel, alle Tiere und Pflanzenarten brauchen unseren Schutz. Auch deshalb wird in jedem Jahr ein Tier oder eine Pflanze als Leipziger Auwaldtier oder –pflanze des Jahres in den Mittelpunkt gestellt, um auf die Probleme und Gefahren hinzuweisen, damit auch nachfolgende Generationen den Eisvogel und die große Vielfalt der Natur noch bewundern können.
Der Lebensraum des Eisvogels im Leipziger Auwald hat sich in den letzten hundert Jahren dramatisch verändert. Viele Flüsse und Gräben verloren durch Ausdeichung, Hochwasserschutzmaßnahmen,
Verbauung und Betonierung ihren natürlichen Lauf mit Steilufern. Nimmt man die Länge des Leipziger Fließgewässernetzes, so würde es unverbaut Lebensraum für ca. 26 Brutpaare des Eisvogels bieten.
Im Durchschnitt konnten in den letzten Jahren aber nur 8 Brutpaare, in einem Jahr maximal 12 Brutpaare im Raum Leipzig nachgewiesen werden.
Der Eisvogel ist in seinem Bestand zunehmend gefährdet. Das Wasser der Pleiße hat sich durch Ausleitungen aus den Tagebauen stark eingetrübt, so dass der Eisvogel hier kaum noch jagen kann. Im
Floßgraben, der sich nach der Entschlammung zu einem wahren Eisvogelparadies entwickelte, wird der Eisvogel durch den geplanten Wassertourismus bedrängt. Und in der Stadt selber werden immer mehr
Fließgewässereinfassungen betoniert und die Löcher in den Fugen alter Bruchsteinmauern verschlossen. So werden die Möglichkeiten zur Anlage von Brutröh-
ren immer weniger. Wir benötigen wieder mehr Abbruchkanten, Steilufer und Unterspülungen an unseren Fließgewässern!
Der Eisvogel gehört zu den 42 in Sachsen brütenden seltenen Arten, die im Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie namentlich aufgeführt sind. Entsprechend dieser EU-Richtlinie ist für
diese bedrohten Vogelarten und ihre Lebensräume der besondere Schutz zu gewährleisten. In Deutschland ist der Eisvogel streng geschützt.
Es ist notwendig die touristische Erschließung des Floßgrabens aufmerksam zu beobachten und die Zerstörung dieses wertvollen Fließgewässers zu verhindern, damit der Lebensraum des Eisvogels und
anderer Tiere und Pflanzen erhalten bleibt.
Der Eisvogel ist 2009 nicht nur Leipzigs Auwaldtier des Jahres, sondern wurde vom Naturschutzbund Deutschland und vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern auch zum Vogel des Jahres gewählt.
Der Eisvogel - Vogel des Jahres 2009