Das Wissen über Moose ist auch bei vielen Naturfreunden bescheiden. Mit dem Wort „Moos“ bezeichnen sie kleine grüne Gebilde auf Erde, Gestein oder Holz. Eine Abgrenzung gegenüber Flechten und
Luftalgen erfolgt überwiegend gefühlsmäßig, und hinsichtlich der ökologischen Funktion wird lediglich das gute Wasserspeichervermögen betont. Der geschilderte Kenntnisstand hat seine Ursache
maßgeblich in der Miniatur der bestimmungsrelevanten Strukturen, und ohne optische Hilfsmittel kann auch der Spezialist nur wenige Arten sicher erkennen. Moose stellen also eine problematische
Pflanzengruppe dar und fristen deswegen in der Naturkunde ein Schattendasein. In Anbetracht ihrer hohen Artenzahl und enormen Biomasse, die sie speziell in Wäldern, Feuchtgebieten und auf
Felsstandorten aufweisen, haben sie es verdient, einmal in ein angemessenes Licht gerückt zu werden.
Während die Zahl der nachgewiesenen Moosarten für Deutschland bei etwa 1000 und für den Freistaat Sachsen bei etwa 700 liegt, fällt sie für das Leipziger Stadtgebiet erwartungsgemäß wesentlich
bescheidener aus. Aktuell ist von etwa 100 Moosarten auszugehen. Früher war der Artenbestand in und um Leipzig deutlich höher. Durch Bebauung, Grundwasserabsenkung, Verlust von Pionierstandorten
wie Lehmgruben, durch Bodeneutrophierung und Luftverschmutzung haben sich die Bedingungen für die Ansiedlung von Moosen im zurückliegenden Jahrhundert wesentlich verschlechtert. Etwa zwei Dutzend
besonders konkurrenzkräftiger Arten dominieren die Leipziger Moosbestände. Der überwiegende Teil der Arten tritt nur lokal auf und unterliegt aufgrund einer Dynamik der Standorte (Beschattung,
Substratzersetzung, Erdabbrüche usw.) erheblichen Populationsschwankungen.
Die Fähigkeit der Moose, große Mengen von Regenwasser kapillar festzuhalten und damit einer Austrocknung von Biotopen entgegenzuwirken, ist hinlänglich bekannt. Sogenannte Moospolster an Land,
aber auch im Wasser sind Lebensraum (unter anderem Rückzugs- und Reproduktionsort) für eine Vielzahl von Wirbellosen. Verschiedene Tiere nutzen Moose als Nahrung, und die Ornithologen wissen,
dass Moose ein wichtiges Nistmaterial für zahlreiche Vögel darstellen. Moose sind darüber hinaus Humussammler, können Samenpflanzen ein gutes Keimbett gewähren oder können Opfer tierischer,
pilzlicher bzw. bakterieller Parasiten werden. Die ökologischen Wechselbeziehungen von Moosen sind also weit vielfältiger als allgemein angenommen wird.
Kandidaten für den Leipziger Auwaldorganismus 2010 sind drei Moosarten, die in Auwäldern einen Verbreitungsschwerpunkt besitzen, für den Leipziger Auwald sehr typisch sind und wegen markanter
Merkmale auch ohne Lupe gut identifiziert werden können.