von Dr. Peter Otto
Einige Moose sind zur amphibischen Lebensweise befähigt, das heißt, sie können sowohl im Wasser schwimmend als auch auf trocken gefallenen Gewässerböden existieren. Besonders auffällig sind aus
dieser Gruppe bandförmig wachsende und gabelig verzweigte Lebermoose der Gattung Riccia. Bei guter Entwicklung können diese Sternlebermoose im mesotrophen (mittlerer Nährstoffgehalt)
Wasser Flächen von einigen Quadratmetern bedecken. Meist treten sie jedoch nur individuenarm auf, weil sie von anderen Wasserpflanzen stark bedrängt werden. Im nährstoff-reichen Wasser sind sie
der Konkurrenz durch Wasserlinsen und Fadenalgen in der Regel nicht mehr gewachsen. Sie befinden sich deswegen im Rückgang und werden zum Beispiel in der Roten Liste von Sachsen als gefährdet
eingestuft.
Im Leipziger Stadtgebiet gibt es zwei dieser aquatischen Sternlebermoose, Riccia fluitans und R. rhenana. Da die Pflänzchen im Winter durch Frosteinwirkung Schaden nehmen,
müssen sie sich jedes Jahr regenerieren, entweder mittels Sporenbildung im Inneren der bandartigen Vegetationskörper oder vegetativ über kleine, weitgehend kälteresistente Bandspitzen. Im
Frühjahr setzt das Pflanzenwachstum erneut ein, und in der zweiten Jahreshälfte können die Sternlebermoose vom aufmerksamen Beobachter in und am Wasser gezielt aufgespürt werden. Geduld ist dabei
erforderlich. Von 1000 Meter Uferlinie ist unter Umständen nur ein Meter mit den wenige Zentimeter langen Pflänzchen spärlich besiedelt.
Für den botanischen Laien bilden Moose stets Polster. Der Mooskundige jedoch differenziert diesbezüglich stark und unterscheidet verschiedene Wuchsformen. Polster müssen für ihn halbkugelig sein
und treten somit nur auf Gestein oder Holz bzw. Borke auf. Eine besondere Wuchsform stellen die Bäumchen dar, die typisch für die feuchten Tropen und Subtropen sind. Nur zwei Arten dieser
Bäumchenmoose sind auch in Deutschland heimisch, und man kann sie sogar im Leipziger Stadtgebiet finden, Climacium dendroides in schattigen Rasenflächen und Thamnobryum
alopecurum im schattigen Auwald. Das zuletzt genannte Moos ist das deutlich seltenere. Es kommt im sächsischen Berg- und Hügelland sehr zerstreut vor und ist im Flachland selten. Die
Vorkommen in Nordwestsachsen sind weitgehend auf die dortigen Auwälder beschränkt.
Thamnobryum alopecurum ist eine ausdauernde Art. Man kann das Moos deswegen ganzjährig im Auwald antreffen. Im Winterhalbjahr, wenn die Laubbäume keine Blätter tragen und das Tageslicht
ungehindert den Waldboden erreicht, wächst es am besten. Dann entwickelt das Bäumchenmoos neue aufrechte Triebe, die sich lediglich oben stark in verschiedene Richtungen verzweigen. An den
Zweiglein stehen dicht gedrängt Blättchen von wenigen Millimetern Länge. Durch die charakteristische Verzweigung entsteht der Eindruck von einem winzigen Bäumchen. Ein solches ist über eine
liegende Achse mit vielen Nachbarbäumchen verbunden und gehört mit diesen zu einer Moospflanze, die eine Länge von mehreren Dezimetern erreichen kann.
Der Name „Sternmoos“ erweckt den Eindruck, dass für diese Art ein stern-förmiges Aussehen charakteristisch ist. Dies trifft allerdings nur für männliche Pflanzen zu, die gerade ihre
Geschlechtsorgane ausbilden und sie mit sternförmig gestellten Hüllblättern umgeben, damit sich bei Regen Wasser für die Freisetzung der Spermatozoiden ansammeln kann. Eine von oben betrachtet
sternartige Erscheinung zeigen sehr viele Laubmoosarten, weshalb der eigentlich nur für wenige Gattungen anzuwendende Name oft unkritisch für alle möglichen Moose verwendet wird.
Das Gewelltblättrige Sternmoos ist eine in Sachsen weit verbreitete Art, die deutlich beschattete, gut mit Wasser versorgte nährstoffreiche Böden besiedelt. Im Leipziger Auwald findet sie an
vielen Stellen optimale Bedingungen vor und kann deswegen mitunter dominierend auftreten.
Plagiomnium undulatum bildet aufrechte, mehrere Zentimeter hohe, oft unverzeigte Stämmchen, die für Moose ungewöhnlich große Blättchen tragen. Diese erreichen bis über zehn Millimeter
Länge und sind, nachdem sie sich voll ausdifferenziert haben, bei starker Durchfeuchtung deutlich gewellt. Dieses Merkmal ist innerhalb der Gattung Plagiomnium markant und war deswegen
namensgebend für das Moos.