20 Jahre Burgauenbach

Ein Gewässer mit Ambitionen

Leipzig 1990 – seit vielen Jahren gibt es keine Hochwasser mehr in der Nordwest-Aue. Der Auwald trocknet zusehends aus, auch die meisten der vom ehemaligen Lehmabbau verbliebenen Gruben sind trocken. Rotbauchunke und Co, Amphibien, die in der Aue zuhause sind, verschwinden zunehmend. Ehrenamtlicher und hauptamtlicher Naturschutz beschließen gemeinsam verschiedene Maßnahmen zur Rettung der Auenlandschaft – eine davon ist die Wiederbelebung ehemaliger Flussläufe, deren Relikte als Hohlformen vielerorts noch in der Landschaft zu erkennen sind.

 

Die Form der Uferböschung soll das Wachstum von Schilf ermöglichen. Foto: Ralf Mäkert
Die Form der Uferböschung soll das Wachstum von Schilf ermöglichen. Foto: Ralf Mäkert

Der Burgauenbach soll 10 Kilometer lang werden und die gesamte Nordwestaue durchfließen. Die Erwartungen sind groß. Das Grundwasser soll er anheben, dass infolge wasserbaulicher Maßnahmen seit dem Bau der Neuen Luppe stetig sinkt. Die angrenzenden Lachen soll er durch Qualmwasser bewässern. Ausuferungen und kleinere Überschwemmung soll er ermöglichen. Nicht zuletzt soll er Tieren und Pflanzen, die typisch sind für langsam fließende, kleine Auengewässer ein Refugium in der bedrohten Aue bieten.

In nur vier Jahren planen NABU Sachsen und Stadt Leipzig gemeinsam den Burgauenbach. 1997 beginnt der Bau: Mit Baggern werden die noch existierenden Teilstücke verbunden. 1999 endlich die Einweihung – des ersten Teilstücks. Von der Nahle bis zum Bauerngraben, vorbei an den Waldspitzlachen fließt nun das Wasser. Der zweite Teil wurde bis heute nicht umgesetzt, stattdessen entstand die Idee für das Projekt „Lebendige Luppe“.

 

Burgauenbach und die Lachen an der Waldspitze. Abbildung: Roland Zitschke / Ralf Mäkert
Burgauenbach und die Lachen an der Waldspitze. Abbildung: Roland Zitschke / Ralf Mäkert

Wurden die Erwartungen erfüllt?

 

„Sinn- und zwecklos“, sagen einige. Von zu wenig Wasser sprechen andere. Tatsächlich sind es im Schnitt nur 0,5 Liter pro Sekunde, die den Burgauenbach passieren. Die ersehnte Grundwassererhöhung hat es nicht ergeben. Das konnte im Rahmen der Planungen zum Projekt „Lebendige Luppe“, in dem auch die aktuellen Grundwasserverhältnisse ermittelt wurden, nachgewiesen werden. Die indirekte Bewässerung der Waldspitzlachen hingegen funktioniert. Auch die Ausuferungen stehen auf der Positiv-Seite der Maßnahmenliste. Im Frühling stehen jährlich 10 Hektar Aue „unter Wasser“, Altarme und Senken werden dann mit Wasser versorgt wieder sichtbar in der Landschaft und sind zeitweise an den Burgauenbach angeschlossen.

 

Lebensräume und auentypische Artenvielfalt

 

Vor dem Bau des Burgauenbaches führte das NABU-Naturschutzinstitut Leipzig eine Bestandsaufnahme durch: Wassermollusken, Amphibien, Reptilien, Libellen, Laufkäfer, Heuschrecken, Vögel, Kleinsäuger und Vegetation wurden auf 23 Flächen im geplanten Verlauf kartiert. Heute, 20 Jahre danach, wird es auf diesen Flächen wieder Untersuchungen geben. Mit Hilfe einer Förderung des NABU-Bundesverbands und mit Hilfe ehrenamtlicher Mitstreiter kann der NABU Leipzig eine Erforschung realisieren: Es wird eine Gewässerstrukturgütekartierung geben sowie eine Erfassung der Vegetation und verschiedener Tiergruppen (Brutvögel, Amphibien, Biber, Eidechsen, Mollusken, Libellen und die Gewässerfauna). Was hat sich in 20 Jahren verändert? Konnten typische Arten hier einen Lebensraum finden? Lässt sich der Burgauenbach mit kleinen Eingriffen weiter verbessern?


Wer den NABU bei diesen Erfassungen von Flora und Fauna unterstützen möchte, kann sich gerne melden 

 

Die Evaluierung des Burgauenbachs im Überblick:


1. Gewässerstrukturgütekartierung

  • wird vom NABU-Naturschutzinstitut Leipzig durchgeführt
  • vor allem morphologische Faktoren von Ufer, Gewässerbett und Sohle werden über den gesamten Verlauf aufgenommen
  • gibt die Qualität des Gewässers als Lebensraum wieder
  • lässt Rückschlüsse für weitere Maßnahmen zu

2. Brutvögel

  • wird vom NABU-Naturschutzinstitut Leipzig durchgeführt
  • Der Leipziger Auwald ist EU-Vogelschutzgbiet (SPA).

3. Amphibien

  • wird vom NABU-Naturschutzinstitut Leipzig durchgeführt
  • Vor allem die temporär angeschlossenen Altarme und Senken, aber auch die Waldspitzlachen sind potentiell wichtige Lebensräume für Amphibien. Durch die allgemeine Austrocknung der Aue sind diese jedoch stark bedroht und im Rückgang begriffen.

4. Eidechsen

  • wird im Ehrenamt durchgeführt

5. Biber

  • wird im Ehrenamt durchgeführt
  • Entlang des Burgauenbaches werden Biberspuren kartiert.

6. Mollusken

  • wird im Ehrenamt durchgeführt
  • Landmollusken sind im besonderen Maße auf Wasser angewiesen. Aber auch Wasserschnecken und  Muscheln, die in langsam fließenden Gewässern zu Hause sind, fehlten in der Leipziger Nordwestaue fast vollständig.

7. Gewässerfauna

  • wird im Ehrenamt durchgeführt
  • Die Gewässerfauna gibt Aufschluss über die chemische und ökologische Beschaffenheit des Gewässers.

8. Vegetation

  • wird vom NABU-Naturschutzinstitut Leipzig durchgeführt

MITMACHEN & DABEISEIN


Der NABU Leipzig erinnert in diesem Jahr an das Fließgewässer-Jubiläum auch bei Mitmachaktionen und Informationsveranstaltungen:

 

Samstag, 23. März, 11 – 14 Uhr
Aktionstag am Burgauenbach
Im Rahmen der NAJU-Bachpatenschaft wird der Zustand des Fließgewässers überprüft, die Durchflüsse werden kontrolliert, bei Bedarf wird Müll eingesammelt.
Treffpunkt: Parkplatz an der Nahlebrücke, Gustav-Esche-Straße / Ecke Reitweg.

 

Samstag, 25. Mai 2019, 10 – 13 Uhr
StadtNaturErleben 2019: Leipziger Gewässer
Der Burgauenbach – ein Fließgewässer mit Ambitionen.
Radtour zum 20. Geburtstag des Burgauenbachs.
Treffpunkt wird bei Anmeldung bekannt gegeben.


Samstag, 7. September 2019, 11 – 14 Uhr
Aktionstag am Burgauenbach
Im Rahmen der NAJU-Bachpatenschaft wird der Zustand des Fließgewässers überprüft, die Durchflüsse werden kontrolliert, bei Bedarf wird Müll eingesammelt.
Treffpunkt: Villa Hasenholz, Gustav-Esche-Straße 1.

 

Mittwoch, 2. Oktober 2019, 19 – 21 Uhr

NABU-Mittwochsveranstaltung „Der Natur zuliebe“ 

NABU-Engagement für Auengewässer: Die Papitzer Lachen und der Burgauenbach.

Aktuelle Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen an den Gewässern werden vorgestellt.

Ein Vortrag von Dr. Maria Vlaic.

Naturkundemuseum, Lortzingstraße 3.


AKTIV FÜR STADT & AUE


Foto: Christa Rasch
Foto: Christa Rasch

Leipziger Auwald

Der Auwald ist Leipzigs bedeutendstes Naturerbe, aber auch beliebtes Ausflugsziel und Wirtschaftswald. Andere Interessen werden oftmals höher bewertet als der Schutz der wertvollen Natur- und Kultur­landschaft. Der NABU engagiert sich für eine nachhaltige, natur­verträgliche Entwicklung der Auenlandschaft, der Schutz des artenreichen Auenökosystems ist ein wichtiges Anliegen des NABU Leipzig. mehr

 



Foto: René Sievert
Foto: René Sievert

NABU-Zentrum für Auenentwicklung

Der NABU Sachsen hat in Leipzig das Sächsische Zentrum für Auenentwicklung eröffnet. Hier werden die Auenschutz-Aktivitäten gebündelt. Das Zentrum ist Informations- und Anlaufstelle zum Thema Auenschutz und Auenentwicklung in Sachsen sowie Projektentwickler und -umsetzer. Eine wichtige Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit, um über sächsische Auen, deren Wert, Gefährdung und Schutz, aber auch über Projekte zur Renaturierung von Auenflächen zu informieren. mehr



Foto: Beatrice Jeschke
Foto: Beatrice Jeschke

NABU-Naturschutzstation

Der NABU Leipzig engagiert sich seit 1990 für Natur-, Arten- und Biotopschutz in Leipzig und Umgebung und ist aktiv in der Umweltbildung. Um die Aktivitäten zu Koordinieren, wurde die NABU-Naturschutzstation Stadt und Aue Leipzig gegründet. Zur Arbeit gehört unter anderem die Erfassung von Flora und Fauna, um sie vor Beeinträchtigungen zu bewahren, sowie die Pflege ökologisch wertvoller Flächen, die Lebensraum bedrohter Tier- und Pflanzenarten sind. mehr