Naturschauspiel im Kiebitzparadies

Erfolgreiche Brutsaison

Der Kiebitz, Vogel des Jahres 2024, hat es schwer in unserer Kulturlandschaft, wo ihm immer mehr geeignete Brutplätze verloren gehen, insbesondere durch das Trockenfallen von Feuchtgebieten und durch intensivlandwirtschaftliche Nutzung. Der NABU Leipzig bemüht sich, die letzten Brutareale zu erhalten und ihren Zustand möglichst zu verbessern. Das schönste Ergebnis dieser Bemühungen ist eine erfolgreiche Brut.

 

Seit ihrer Entstehung durch Bodenabsackungen vor rund 20 Jahren fühlen sich Kiebitze an den Gärnitzer Lachen wohl. Foto: Beatrice Jeschke
Seit ihrer Entstehung durch Bodenabsackungen vor rund 20 Jahren fühlen sich Kiebitze an den Gärnitzer Lachen wohl. Foto: Beatrice Jeschke

2024 war in unserer Region eine gute Brutsaison für die Kiebitze. In fast allen Gebieten waren hohe Wasserstände zu verzeichnen. Die Situation an den Gärnitzer Lachen erinnerte an die Begebenheiten aus Mitte der 2010er Jahre: Große Teile des angrenzenden Ackers waren überschwemmt, sogar kleine Inselchen bildeten sich. Überall trillerte es in den verschiedensten Tönen, die Unken und Wechselkröten riefen, Balzrituale von Brandgänsen, Haubentauchern, Zwergtauchern, Flussregenpfeifern und zahlreichen anderen Wasservögeln konnten beobachtet werden. Die Limikolen suchten an den Wasserrändern nach Nahrung und über allem ertönten hier und da die sehnsuchtsvollen Rufe der Kiebitze. In spektakulären Manövern vollzogen sie in unermüdlichem Eifer ihre akrobatischen Flugkünste über den Wasserflächen.

 

An der Gärnitzer Lache war die Wassersituation im Jahr 2024 hervorragend, sogar der angrenzende Acker wurde überflutet.
An der Gärnitzer Lache war die Wassersituation im Jahr 2024 hervorragend, sogar der angrenzende Acker wurde überflutet.
Auch im August war noch ausreichend Wasser in der Lache, sodass für den Nachwuchs von Kiebitzen und Amphibien beste Aufwuchsbedingungen herrschten. Fotos: Michael Dech
Auch im August war noch ausreichend Wasser in der Lache, sodass für den Nachwuchs von Kiebitzen und Amphibien beste Aufwuchsbedingungen herrschten. Fotos: Michael Dech

Im März wurden über 100 rastende Kiebitze gezählt, von denen 4 bis 5 Paare zum Brüten dageblieben sind. Foto: Mai Anne Nguyen
Im März wurden über 100 rastende Kiebitze gezählt, von denen 4 bis 5 Paare zum Brüten dageblieben sind. Foto: Mai Anne Nguyen

Temporäre Stillgewässer als Hotspot

 

Nachdem im Februar/März zeitweise über 100 Kiebitze an den Gärnitzer Lachen Rast machten, blieben bis zu fünf Paare während der Brutsaison im Gebiet. Zeitweise gab es sogar Brutverdacht an den nördlich der Straße gelegenen Lachen (Feldlachen Kulkwitz). Auch hier zeigte sich nach rund zehn Jahren wieder einmal, was das Gebiet für ein Potenzial als Wasservogelreservat hat: Viele Pionierarten wie die Wechselkröte oder der Kiebitz nehmen solche nach §21 Bundesnaturschutzgesetz gesetzlich geschützten temporären Stillgewässer als Laich- und Brutgebiet an.

 

Der NABU dokumentiert das Brutgeschehen an der Gärnitzer Lache. Bei menschgemachten Gefahren werden die Naturschutzbehörde und der örtliche Landwirt informiert. Foto: Karsten Peterlein
Der NABU dokumentiert das Brutgeschehen an der Gärnitzer Lache. Bei menschgemachten Gefahren werden die Naturschutzbehörde und der örtliche Landwirt informiert. Foto: Karsten Peterlein

Zahlreiche Nachgelege aufgrund von Prädation

 

Die AG Kiebitzschutz des NABU Leipzig registrierte an den Gärnitzer Lachen zahlreiche Nester, von denen einige als Nachgelege für von Säugetieren oder Vögeln ausgeräumte Nester gelten. Insgesamt wurden fünf Brutpaare ausgemacht. Gelegentlich konnte auch für ein paar Tage der Nachwuchs beobachtet werden. Kiebitze gelten als Koloniebrüter. Das hat unter anderem den Zweck, dass sich die Mitglieder einer Kolonie gemeinschaftlich gegen potenzielle Prädatoren wie Fuchs, Raben- und Greifvögel wehren.

 

Förderprogramme erhalten die Biodiversität

 

Trotz der relativ hohen Anzahl an Kiebitzen, die sich gegenseitig helfen, wurden einige Nester ausgeraubt. Nur wenige Jungtiere erblickten das Licht der Welt. Aber immerhin hat sich der Bruterfolg gegenüber den Vorjahren gesteigert. Das hängt zum einen mit der Wassersituation zusammen, wodurch das potenzielle Brutgebiet vergrößert wurde. Außerdem hatte der Landwirt (Agrargenossenschaft Kitzen) in Kooperation mit dem NABU eine 2 Hektar große Brache mitten auf dem Acker angelegt. Dadurch war die Nahrungssituation für Kiebitz und Co. eine andere als auf einem monotonen Acker. Die Hauptfrucht des Feldes war Luzerne und an den Rändern befand sich ein unbewirtschafteter blütenreicher ISA-Streifen, der dem Insektenschutz dient. Diese Kombination aus verschiedenen Förderprogrammen wirkte sich sehr positiv auf die Nahrungs- und Reproduktionsbedingungen zahlreicher Insekten-, Vogel- und Amphibienarten aus.

 

Spendenaktion

 

Um Nestraub oder die Prädation von noch nicht flugfähigen Kiebitzen und anderen Wasservögeln zu verhindern, möchte der NABU Leipzig an den Gärnitzer Lachen, dem Kleewinkel/Bienitz oder der Feldlache Großdeuben einen mobilen Elektrozaun installieren. Mit einer Spende kann man den Kiebitzschutz unterstützen.

 

Der NABU Leipzig  bedankt sich im Namen der Kiebitze bei allen Spender*innen!

 

Am Ende der Brutsaison des Kiebitzes Anfang Juli konnte ein Kiebitzweibchen mit ihrem Nachwuchs gefilmt werden. Die Jungvögel mit dem Namen Flauschi 1 und Flauschi 2 waren zu diesem Zeitpunkt wenige Tage alt. Die Kiebitzschützer des NABU hoffen, dass sie nicht von Krähen, Füchsen oder Greifvögeln prädiert wurden und nächstes Jahr wieder nach Gärnitz zurückkehren. Video: Tony Ranis


WEITERE INFORMATIONEN


Foto: Beatrice Jeschke
Foto: Beatrice Jeschke

Hilfe für die letzten Kiebitze der Region

 

Der Kiebitz war einst weit verbreitet, doch er hat seinen Lebensraum mehr und mehr verloren durch Entwässerung, Aufforstung, Trockenlegung von Mooren, intensive Grünlandnutzung, industrielle Landwirtschaft, Insektensterben und Klimawandel, aber auch durch intensive Freizeitnutzung von einstigen Brutgebieten. Der NABU Leipzig setzt sich für den Schutz der letzten Nistplätze in der Region ein und arbeitet für die Schaffung neuer Brutmöglichkeiten. mehr