Seit vielen Jahren mähen Freiwillige des NABU Leipzig einmal im Jahr eine Feuchtwiese an den Papitzer Lachen. Sie ist nur zu Fuß erreichbar und kann daher nicht mit Maschinen gepflegt werden. Die Mahd ist jedoch notwendig, um sie als Lebensraum für die ökologisch wertvolle Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten. Die Fläche ist als staudenreiche, wechselfeuchte Stromtalwiese als geschützter Biotop erfasst. Vor Kurzem wurde außerdem festgestellt, dass es auf der Fläche Bestände des Großen Wiesenknopfs gibt, das ist die Futterpflanze für die Raupen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings, die sich ausschließlich von den Blütenköpfen dieser Pflanze ernähren. Um zu erreichen, dass sie zur Flugzeit des Falters blühen und nicht von anderen Wiesenpflanzen überwuchert werden, ist eine Mahd vor dem 1. Juni notwendig. Dadurch bekommt der Wiesenknopf gegenüber den anderen Pflanzen einen Entwicklungsvorteil und bildet für den Falter geeignete Nachblüten ab Mitte Juni. Die weiblichen Bläulinge legen die Eier an den noch ungeöffneten Blütenknospen ab. Die erwachsenen Falter ernähren sich von Nektar, auch sie bevorzugen dabei den Großen Wiesenknopf.
Wiesenmahd mit Handsensen. Fotos: Beatrice Jeschke
2021 setzte der NABU Leipzig das daran angepasste Mahdregime erstmals um. Zusätzlich zur im Herbst geplanten Spätmahd, fand am Himmelfahrtswochenende eine Frühmahd statt. Um den Eingriff für die Tier- und Pflanzenwelt verträglich zu gestalten, wurde dabei nur ein Teil der Gesamtfläche gemäht, und zwar jener, auf dem im Vorjahr der Wiesenknopf nachgewiesen wurde. Außerdem wurden keine lauten Motor-, sondern Handsensen verwendet. Das Mahdgut wurde zusammengerecht und mit Planen zum Rand der Fläche transportiert.
Das Mahdgut wurde zusammengerecht und mit Planen zum Rand der Fläche transportiert. Fotos: Beatrice Jeschke
Damit sich der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling erfolgreich fortpflanzen kann, ist der Wiesenknopf aber nur eine Voraussetzung. Unverzichtbar ist zudem, das Vorhandensein bestimmter Ameinsenarten. Glücklicherweise gibt es auf der Wiese an den Papitzer Lachen mehrere Ameisenhügel.
Nachdem sich die Schmetterlingsraupe in den Blütenköpfen des Großen Wiesenknopfes entwickelt hat, ist nach drei Wochen die Zeit gekommen, dass sie sich zu Boden fallen lässt. Die Ameinsen halten sie für eine eigene Larve und transportieren sie in ihren Bau. Mit einem Trick verhindert die Schmetterlingsraupe, dass die Ameisen sie entdecken und verspeisen: Sie imitiert den Duft der Ameisenbrut, außerdem „besticht“ sie die Ameisen mit einem zuckerhaltigen Sekret. So lassen die Ameisen die Schmetterlingsraupe in Ruhe, obwohl sie sich räuberisch von den Nachkommen der Ameisen ernährt. Zehn Monate bleibt die Bläulingslarve im Ameisennest, sie kann während dieser Zeit bis zu 600 Ameisenlarven fressen.
Durch diese komplexe Spezialisierung ist der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling gefährdet. Wiesen, auf denen alle Voraussetzungen für seine Entwicklung existieren, sind kaum noch vorhanden. Durch gezielte Biotoppflege müssen sie erhalten werden. Eine Mahd zum falschen Zeitpunkt kann eine Population auslöschen. Die Spätmahd wird daher erst im Oktober stattfinden, wenn der Bläuling nicht mehr auf die Pflanzen angewiesen ist und die Larven in den Ameisennestern leben. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling und seine Lebensräume sind nach EU-Recht streng geschützt.
Nach den ersten Frühblühern entwickelt sich der Bärlauch. Seine weißen Blüten bedecken den Auwaldboden. Fotos: Beatrice Jeschke
Der Arbeitseinsatz auf der Wiese fand angesichts der Corona-Epidemie mit den nötigen Schutzmaßnahmen statt, insbesondere wurde auf ausreichenden Sicherheitsabstand geachtet. Zudem war nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Helfern im Einsatz. Dennoch war die Aktion ein schönes gemeinsames Naturerlebnis. Die Lachen sind wertvolle Amphibienlaichgewässer, vor allem die ebenfalls streng geschützten Rotbauchunken waren die ganze Zeit über zu hören. Auch für die Vogelwelt ist das Naturschutzgebiet ein Eldorado. Unter anderem waren Teichrohrsänger und Drosselrohrsänger zu hören. Beobachten konnte man unter anderem Stare an ihrer Nisthöhle und Höcherschwäne mit ihren Jungen. Ein Pirol war zu hören, ebenso ein Kuckuck, der sogar fotografiert werden konnte. Auch der von schneeweiß blühendem Bärlauch bedeckte Auwaldboden war am Wegesrand eine Augenweide.
Einen Kuckuck (rechts) konnte man nicht nur hören, sondern auch sehen. Ein Star (links) wurde beim Füttern des Nachwuchses beobachtet. Fotos: Beatrice Jeschke
Familie Höckerschwan. Fotos: Beatrice Jeschke
Frühlingsnatur an den Papitzer Lachen. Fotos: Birgit Peil
Mit Sensen und Rechen: Arbeitseinsatz auf der Feuchtwiese. Fotos: Birgit Peil
WEITERE INFORMATIONEN
Der Auwald ist Leipzigs bedeutendstes Naturerbe, aber auch beliebtes Ausflugsziel und Wirtschaftswald. Andere Interessen werden oftmals höher bewertet als der Schutz der wertvollen Natur- und Kulturlandschaft. Der NABU engagiert sich für eine nachhaltige, naturverträgliche Entwicklung der Auenlandschaft, der Schutz des artenreichen Auenökosystems ist ein wichtiges Anliegen des NABU Leipzig. mehr
Das Auenökosystem ist auf periodische Hochwasserereignisse angewiesen, sie wieder zu ermöglichen, ist deshalb eins der wichtigsten Naturschutzziele. Neben dieser Auenrevitalisierung gilt es, den Auwald als artenreiche Kulturlandschaft zu erhalten. Ihre große Biodiversität verdankt sie auch einer naturverträglichen Forstbewirtschaftung. Der NABU setzt sich dafür ein, dass dabei ökologische Zusammenhänge und der Artenschutz beachtet werden. mehr
Die Schmetterlinge brauchen Nahrungspflanzen für die Larven, Plätze für Puppen und Blüten als Nahrungsquelle der erwachsenen Falter. Im Landesweiten Projekt „Puppenstuben gesucht“ sollen schmetterlingsgerechte Wiesen entstehen, die solche Lebensräume bieten. Der NABU Leipzig pflegt im Rahmen des Projekts unter anderem eine Streuobstwiese in Knauthain. mehr