Weiterer Natufrevel am Wilhelm-Leuschner-Platz

Verlust der biologischen Vielfalt mit Salamitaktik

Seit mehr als 10 Jahren kämpft der NABU Leipzig nun schon mit allen Mitteln für den Erhalt der Stadtnatur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Zunächst mit Hinweisen zu den geschützten Arten, dann mit Stellungnahmen zu den Bauplänen, inzwischen auch mit mehreren Gerichtsverfahren. Die Zerstörung der Natur schreitet jedoch weiter fort, wobei nach wie vor die Belange von Lebensstätten-, Arten- und Klimaschutz ignoriert werden. Die alten Bäume und die großflächigen Strauchbestände auf dem Platz waren wertvolle Lebensräume für die heimische Natur. Insbesondere in der immer dichter bebauten Innenstadt gibt es kaum noch Alternativen für die Tierwelt. Der NABU Leipzig fordert immer wieder, dass die bestehende Natur bei Bauprojekten so weit wie möglich erhalten werden muss, die Praxis sieht leider anders aus.

 

Zahlreiche ökologisch wertvolle Bäume und Sträucher wurden am Wilhelm-Leuschner-Platz bereits beseitigt. Im Februar 2025 wurde der Kahlschlag weiter ausgedehnt. Wozu braucht man in der Innenstadt in Zeiten von Klimawandel und Artensterben auch Bäume und Sträucher? Fotos: Sabrina Rötsch

 

Auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz wurden bereits viele Bäume gefällt und Strauchflächen gerodet. Es war aber eigentlich vorgesehen, zumindest einige Gehölzbestände als Rückzugsmöglichkeit für die Tierwelt zu erhalten. Nun fielen jedoch auch diese Flächen in großen Teilen dem Kahlschlag zum Opfer.

 

Der dichte Strauchbestand mit Berberitze war Lebensraum unter anderem für Kohlmeise, Klappergrasmücke und Haussperling. Die Vegetation wurde bei einer Naturzerstörungsaktion im Februar 2025 rücksichtslos beseitigt. Fotos: Sabrina Rötsch

 

Am 27. Februar 2025 wurde unter anderem eine Feuerdornhecke entfernt. Auch wenn diese immergrüne Gehölzart nicht heimisch ist, bietet sie gerade im Winter vielen Tieren Schutz vor Witterung und Kälte. Laut Begründung zum Bebauungsplan ist „ein kompletter Heckenverlust (…) im Plangebiet nicht wahrscheinlich. Zum einen bleiben die Flächen westlich und östlich des Bowling-Treff bestehen, zum anderen wird es keine zeitgleiche Bautätigkeit auf allen Baufeldern dem Leuschnerplatz geben. Demnach werden aller Voraussicht nach immer einzelne Heckenstrukturen bestehen bleiben bzw. Neuanpflanzungen bereits erfolgt sein.“ [Begründung zum B-Plan Nr. 392, S.53]

Entgegen diesen Zusicherungen wurden nun erneut Lebensstätten geschützter Arten vernichtet. Das immer wieder vorgetragene Argument, dass die Tiere, die einstmals auf dem Baugelände eine Heimat hatten, auf andere Lebensräume ausweichen können, wird erneut widerlegt, denn auch diese Lebensräume werden offenbar gnadenlos beseitigt.

 

Zivilisationsmüll liegt dort, wo zuvor Sträucher der Tierwelt ein Zuhause boten - ein Symbol für den Umgang der Menschen mit ihrem Planeten. Foto: Sabrina Rötsch
Zivilisationsmüll liegt dort, wo zuvor Sträucher der Tierwelt ein Zuhause boten - ein Symbol für den Umgang der Menschen mit ihrem Planeten. Foto: Sabrina Rötsch

Der Wilhelm-Leuschner-Platz war einst ein Ort der Biologischen Vielfalt mitten in der Großstand. Er leistete einen Beitrag zum Klimaschutz und zum menschlichen Wohlbefinden. Der NABU Leipzig hat frühzeitig auf die außergewöhnlich hohe Brutvogel­dichte hingewiesen, in den Bauplänen wird das jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. 

 

Nach den Daten aus dem Artenschutzfachbeitrag von 2018 sind durch die neuerlichen Rodungen Kohlmei­se, Klappergrasmücke und Haussperling betroffen. Sie haben ihre durch das Gutachterbüro erfassten Brutplätze ersatzlos verloren. Zuvor hatten bereits 16 weitere nachgewiesene Brutvogelpaare ihre Reviere durch die Rodungen und Fällungen eingebüßt. 

 

Der Vorfall im Februar 2025 ist bereits der dritte Eingriff, bei dem ökologisch wertvolle Gehölze auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz ersatzlos entfernt wurden. Im Januar 2021 wurden die ersten Bäume und Sträucher entfernt. Da die Eingriffe ohne Prüfung des Artenschutzes vollzogen wurden, hat der NABU Klage eingereicht. Mittlerweile hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der NABU klagebefugt ist, auch die Berufung des NABU gegen ein Urteil des Leipziger Verwaltungsgerichts wurde zugelassen.

 

Der Kahlschlag am Wilhelm-Leuschner-Platz geht rücksichtslos weiter. Fotos: Sabrina Rötsch

 

Die nun erfolgte Entfernung von Gehölzen mittels Bagger bestätigt erneut, dass Gehölzeingriffe ohne die notwendige Artenschutzprüfung weiter fortgesetzt werden. Der Wilhelm-Leuschner-Platz ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Mit der Klage möchte der NABU solche naturschutzrechtlichen Versäumnisse, die in Leipzig immer wieder passieren, für die Zukunft verhindern. 

 

Der NABU hat bereits einen Anwalt beauftragt, die Hintergründe zu diesem neuen Naturfrevel zu ermitteln. Der NABU Leipzig wird dranbleiben und bei den Behörden nachfragen, wieso der gesetzliche Artenschutz in Zeiten des globalen Artensterbens noch immer nicht berücksichtigt wird und wie die nötige Anpassung an den Klimawandel mit dem Kahlschlag vereinbar sein soll. Für die nach Baumschutzsatzung geschützten Gehölze ist außerdem ein Ausgleich erforderlich, den der NABU Leipzig ebenfalls einfordern wird.