Wir sind von mehreren Unterstützern der Protest-E-Mail-Aktion gebeten worden, hinsichtlich einiger Vorwürfe verschiedener Stadträt*innen, auf diese konkret einzugehen:
Reaktion von Karsten Albrecht, CDU-Stadtrat, auf unsere Protest-E-Mail-Aktion:
„Ich wende mich hiermit an die Betreiber dieser E-Mail-Adresse. Glauben Sie im ernst, dass sie durch das zu spammen von uns Stadträten ihr Ziel erreichen? Das ganze Gegenteil ist der Fall. Auch ihre Sachargumente sind falsch. Die Fläche ist jetzt schon versiegelt. Der Wildwuchs von Büschen und Bäumen wird durch kultiviertes bepflanzen der Flächen ersetzt. Durch ihre Spam Aktion werde ich der Bebauung des Leuschner Platzes zustimmen.“
Unsere Stellungnahme dazu:
Diese Antwort fanden wir besonders erschreckend und fragen uns ernsthaft, wie man als Volksvertreter so reagieren kann.
Aus unserer Sicht gibt es die Möglichkeit der Entsiegelung, wodurch neue Grünflächen auch auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz entstehen könnten.
Reaktion von Siegrun Seidel, CDU-Stadträtin, auf unsere Protest-E-Mail-Aktion:
„Im Übrigen halte ich es für einen denkbar schlechten Stil, Räte, die ehrenamtlich tätig sind und eine Menge Freizeit in dieses Amt stecken in dieser Art und Weise zuzuschütten. Wenn das jemand
mit Ihnen treiben würde, hätte ich gerne Ihre Reaktion gesehen.“
Unsere Stellungnahme dazu:
Unsere Reaktion auf solche Protest-E-Mails wäre es, uns sachlich mit dem Anliegen der Bürger*innen zu befassen. Außerdem haben wir kein Interesse daran, Ihnen das Leben schwer zu machen.
Im Übrigen kennen wir ehrenamtlich Engagierten im NABU diese Situation vieler E-Mails auch: Im Jahresdurchschnitt erhalten wir täglich rund 20 E-Mails, darunter viele von Bürger*innen, die
besorgt und buchstäblich verzweifelt sind, weil die Grünflächen in ihrer Umgebung verschwinden. Viele Bürger sind zuvor von der Stadtverwaltung abgewiesen worden.
Wir haben keinen anderen Weg gesehen, um Sie auf diese dringlichen Anliegen aufmerksam zu machen. Wir hatten zuvor vielfältige Möglichkeiten der Beteiligung und Stellungnahme genutzt (s. weiter unten) und wurden bisher nicht berücksichtigt. Der Schutz der Biologischen Vielfalt und damit unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird bei Abwägungsprozessen in Leipzig nahezu immer anderen Interessen geopfert. Das schafft bei den Beteiligten des NABU wie auch bei engagierten Bürger*innen das Gefühl, nicht gehört zu werden, weder von der Verwaltung, noch von einem Großteil der Stadträt*innen.
Reaktion von Siegrun Seidel, CDU-Stadträtin auf unsere Protest-E-Mail-Aktion:
„Der Vorlage sind Beratungen, Wettbewerbe und öffentliche Beteiligungen voraus gegangen. An diesem Verfahren hätten Sie sich intensiv beteiligen können.[…] Während der gesetzlich vorgeschriebenen Auslegung hätten Sie Ihre Bedenken und Widersprüche übergeben können.[…] Jederzeit hätten Sie sich damit auch an Stadträte wenden und Ihre Bedenken vortragen können. Vielleicht hätten Sie mich auch an dieser oder jener Stelle überzeugt oder ich hätte Ihnen die Bedenken nehmen können.“
Reaktion von Siegrun Seidel, CDU-Stadträtin auf unsere Protest-E-Mail-Aktion:
„Stattdessen liegt mir nur eine Flut von E-Mails vor, bei denen sich die meisten jeweils nur durch die Vor- und Zunamen unterscheiden. Es sind weder Adressen noch Telefonnummern angegeben; ich weiß daher gar nicht, ob es sich bei den Absendern um reale Personen handelt, ob diese in Leipzig oder Umgebung wohnen. […] Stattdessen machen Sie sich zum Teil einer offensichtlichen Massen-E-Mail-Kampagne und machen sich nicht einmal die Mühe, eigene Texte zu formulieren.“
Unsere Stellungnahme dazu:
Bei den Beteiligten an der E-Mail-Aktion handelt es sich um besorgte Bürger*innen, die ihr Anliegen hinsichtlich einer lebenswerten Stadt geäußert haben.
Alle haben sich durch ihre persönliche E-Mail-Adresse sichtbar gemacht und können darüber angeschrieben werden. Alle haben Ihnen mit ihrer E-Mail ein Anliegen vorgetragen, das ihnen so wichtig
war, dass sie diesen Weg gegangen sind. Teils mit einem Textvorschlag, den wir zur Verfügung gestellt haben. Einige aber auch mit individuellen Anschreiben. So, wie es für die Teilnehmer*innen in
dieser Situation passend und möglich war. Die Vielzahl der Zuschriften belegt daher nur, dass viele Menschen das Anliegen einer naturverträglichen Stadtentwicklung unterstützen.
Reaktion von Siegrun Seidel, CDU-Stadträtin auf unsere Protest-E-Mail-Aktion:
„Haben Sie sich diese Brachfläche mal angesehen, wenn Sie alle so genau wissen wollen, was gut für Leipzig und diesen Platz ist?“ „Kennen Sie unsere Stadt überhaupt?“
Unsere Stellungnahme dazu:
Alle Fraktionen sind anhand unserer Positionspapiere zum WL-Platz mehrfach informiert worden. Daraus wird ersichtlich, dass wir die Vogelarten gründlich kartiert haben, sonst wüssten wir nicht,
dass wir hier 29 Vogelarten beobachten konnten, darunter 17 Brutvogelarten.
Gerade weil wir unsere Stadt sehr gut kennen, stellen wir bedauerlicherweise durch den massiven Lebensraumverlust, siehe: https://www.nabu-leipzig.de/stellungnahmen/leipzig-schrumpft/, und fehlende Ersatzlebensräume ein Artensterben fest.
Möglicherweise sind die bisherigen Entscheidungen zur Bebauung des WL-Platzes vor Ihrer Amtszeit gefallen und Sie persönlich hatten keinen Einfluss darauf. Möglicherweise haben Sie damals auch
auf einer anderen Erkenntnisbasis nach bestem Wissen gehandelt. Wir respektieren das.
Doch nun hat sich die Sachlage dramatisch verändert: Die Klimakrise zeigt ihre ersten Auswirkungen und unsere heimischen Tiere und Pflanzen sind vom Aussterben bedroht.
Wir brauchen Entscheidungen auf Basis der neuen Sachlage. Entscheidungen, bei denen alle Belange Hand in Hand gehen, denn meist werden Naturschutzbelange nicht berücksichtigt.
Auch wir wollen es nicht bei der Brache belassen und wünschen uns eine Entwicklung des Platzes. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten – die wir sehr gern mit Ihnen besprechen!
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.nabu-leipzig.de/stellungnahmen/leuschnerplatz/
Mit dem heutigen Tag endet ab 14 Uhr unsere Protest-E-Mail-Aktion.
Wir danken für alle konstruktiven Beiträge!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karolin Tischer und Karsten Peterlein
NABU-Regionalverband Leipzig e.V.