Der Wilhelm-Leuschner-Platz im Zentrum Leipzigs ist ein Platz der Biologischen Vielfalt, hat eine Artendichte, wie sie auf keiner anderen Fläche vergleichbarer Größe in Leipzig nachgewiesen wurde. Bäume und ausgedehnte Strauchflächen sind nicht nur Lebensraum, sondern sind auch wertvoll für das Stadtklima und das Wohlbefinden der Menschen. Diese Naturoase soll einer rücksichtslosen Bebauung und Flächenversiegelung geopfert werden, große Teile der ökologisch wertvollen Gehölzbestände wurden bereits gerodet. Dagegen geht der NABU Leipzig vor, auch mit juristischen Mitteln.
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts und Gerichtsverfahren sind mit erheblichen Kosten verbunden. Der NABU ist für solche Ausgaben auf Spenden angewiesen. Bitte unterstützen Sie den Kampf für den Erhalt der Stadtnatur mit einer Spende – Herzlichen Dank!
Der NABU Leipzig hat bereits 2016 mit einem Positionspapier auf die drohenden artenschutzrechtlichen Probleme bei einer geplanten Bebauung des Wilhelm-Leuschner-Platzes hingewiesen. Seither blieben viele Initiativen des NABU unbeantwortet, Zusagen zur Zusammenarbeit wurden nicht eingehalten, es ist nicht erkennbar, dass der gesetzlich vorgeschriebene Artenschutz gewährleistet wird. Der NABU Leipzig hat in ehrenamtlicher Arbeit eine Reihe von Schreiben verschickt, die aber keinen erkennbaren Eingang in die Planungen fanden.
Nachdem bereits seit Januar 2021 auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz durch umfangreiche Baumfällungen vorfristig Fakten geschaffen wurden, ist am 5. Juli 2023 vom Stadtrat der Bebauungsplan beschlossen worden. Nach jahrelangen weitgehend vergeblichen Bemühungen für eine naturverträgliche Bebauung und für den – eigentlich gesetzlich vorgeschriebenen – Ausgleich des Lebensraumverlustes, hatte der NABU Leipzig vor der Stadtratssitzung noch einmal zu einer Protestkundgebung aufgerufen. Dabei forderte der NABU gemeinsam mit anderen Leipziger Natur- und Klimaschutzgruppen wenigstens den Erhalt der noch vorhandenen Gehölze, insbesondere der alten Bäume auf dem Platz. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hatte noch einen ähnlichlautenden Änderungsantrag in den Stadtrat eingebracht, er fand jedoch keine Mehrheit. Somit hat der Stadtrat den vollständigen Kahlschlag beschlossen, anschließend soll das Areal mit Asphalt und Beton versiegelt werden, was in Zeiten von Artensterben und Klimakrise an Unverstand kaum zu überbieten ist. Die versprochenen neuen Grünflächen werden nur eine Alibifunktion haben. Sie können die verlorenen alten Bäume, wilden Strauchflächen, Rohboden, Blühflächen und Lebensräume nicht ersetzen – die Klimaschutzfunktionen, vor allem aber die Lebensraumfunktionen, werden – wie eigentlich immer bei Bauprojekten in Leipzig – verloren gehen. Die politischen Bekenntnisse zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung sowie die Ausrufung des Klimanotstands sind offenbar nichts wert.
Die Bemühungen mit Stadtverwaltung und Stadtrat Biodiversität und Klima zu schützen, waren nicht erfolgreich, daher hatte der NABU auch mit juristischen Mitteln versucht, den Schutz der
Stadtnatur zu erreichen. Nachdem der NABU im Januar 2021 Widerspruch gegen eine Fällgenehmigung eingelegt hatte, hatte die Stadtverwaltung Anfang Dezember, den „sofortigen Vollzug“ dieser
Baumfällgenehmigung angeordnet. Der NABU hatte deshalb einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt. Daraufhin hatte die Stadtverwaltung die Anordnung auf sofortigen Vollzug „ausgesetzt“,
sodass das Gericht auf eine Eilverfügung verzichtete. Es handelt sich aber leider nur um eine Gnadenfrist für die ökologisch wertvollen Lebensräume, denn mit Beschluss vom 2.02.2022 hat das Verwaltungsgericht
Leipzig den Eilantrag des NABU Sachsen gegen die auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz geplanten Baumfällarbeiten weitgehend abgelehnt.
Dies betraf jedoch nicht das eigentliche Klageverfahren gegen die Fällgenehmigung. In diesem „Hauptverfahren“ ging es dem NABU vor allem um eine grundsätzliche Klärung der fragwürdigen
Genehmigungsverfahren, die den Biotop- und Artenschutz nicht ausreichend oder gar nicht berücksichtigen. Denn der Wilhelm-Leuschner-Platz ist nur ein Beispiel von vielen vergleichbaren
Genehmigungsverfahren, für die eine solche Klärung wünschenswert wäre. Der Gerichtstermin dafür wurde schließlich für den 24. Mai 2023 angesetzt.
Nachdem es bereits mehrfach allen Protesten zum Trotz großflächige Rodungen gab, wurden am 27. Februar 2023 auf einem weiteren Teilabschnitt alle Bäume gefällt und alle Sträucher beseitigt, ohne Rücksicht auf mögliche Winterquartiere von Tieren im Unterwuchs. Äußerst kurzfristig hatte die Stadtverwaltung über die geplante Naturzerstörung informiert, der NABU Leipzig hatte daher für den Vormittag zu einer Protestkundgebung am Ort der Zerstörung aufgerufen. Die Demonstranten konnten mitverfolgen, wie direkt in Sichtweite des Rathauses, die Stadtnatur vernichtet wurde – Kettensägen und brechende Baumriesen sind ein Symbol für die fehlgeleitete Stadtpolitik, denn der Leuschnerplatz ist nur ein Beispiel für viele vergleichbare Bauprojekte, zunehmende Flächenversiegelung und rücksichtslose Fällung von Stadtbäumen. Ein unzeitgemäßer Zustand, der auch die Gesundheit der Menschen in der Stadt mehr und mehr gefährdet. Video: NABU Leipzig
Der Gerichtstermin fand in einer befremdlichen Atmosphäre statt, in der der Vertreter der Stadtverwaltung ruhig und sachlich Argumente vortragen konnten, der Anwalt des NABU jedoch wiederholt vom Gericht unterbrochen wurde, das mehrfach andeutete, dass die zahlreich vorgebrachten Argumente des NABU alle irrelevant seien. Sämtliche Anträge des NABU wurden abgelehnt, und die Klage wurde als „unberechtigt“ zurückgewiesen. Indem also dem NABU abgesprochen wurde, überhaupt eine Klagebefugnis zu haben, hat sich das Gericht mit den vom NABU vorgebrachten Inhalten gar nicht auseinandergesetzt. Der NABU hat dennoch die naturschutzrechtlichen, -fachlichen und ökologischen Argumente vorgetragen.
Nach Auffassung des Gerichts gibt es keine Rechtsgrundlage für eine Klage des NABU Sachsen gegen Fällgenehmigungen der kommunalen Behörden der Stadt Leipzig. Der NABU verwies hingegen auf das Bundesnaturschutzgesetz sowie auf das Sächsische Naturschutzgesetz, das nach Auffassung des NABU Grundlage für die Klagebefugnis bietet. Nach kurzer Verhandlungsunterbrechung und Beratung des Gerichts wurden aber auch diese Argumente verworfen, zudem wurde eine Berufung gegen die Klageabweisung ausgeschlossen.
Der NABU Sachsen hat deshalb beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Berufungszulassung gestellt, über den bis jetzt noch nicht entschieden wurde. Außerdem stellte der NABU Sachsen einen Tatsachenberichtigungsantrag beim Verwaltungsgericht, mit dem Ziel das Gerichtsprotokoll in einigen Passagen korrigieren zu lassen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Für diese juristischen Schritte zum Schutz der Stadtnatur entstehen erhebliche Kosten, für die der NABU Leipzig herzlich um Spenden bittet. Zudem prüft der NABU ebenfalls juristische Schritte
gegen den beschlossenen Bebauungsplan, denn er berücksichtigt die Belange des Biotop- und Arten- sowie des Klimaschutzes nur unzureichend.
Vielen Dank für die Unterstützung!
Der Wilhelm-Leuschner-Platz im Zentrum Leipzigs ist ein Platz der Biologischen Vielfalt, hat eine Artendichte, wie sie auf keiner anderen Fläche vergleichbarer Größe in Leipzig nachgewiesen wurde. Bäume und ausgedehnte Strauchflächen sind nicht nur Lebensraum, sondern sind auch wertvoll für das Stadtklima und das Wohlbefinden der Menschen. Diese Naturoase soll einer rücksichtslosen Bebauung und Flächenversiegelung geopfert werden, große Teile der ökologisch wertvollen Gehölzbestände wurden bereits gerodet. Dagegen geht der NABU Leipzig vor, auch mit juristischen Mitteln. Um die fortschreitende Zerstörung der Stadtnatur, nicht nur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz, zu stoppen, bittet der NABU Leipzig um Spenden
Der Boden wird von den Menschen mit Füßen getreten – nicht nur tatsächlich, sondern auch im übertragenen Sinn. 2013 hatte der NABU Leipzig bereits die Naturschutzwoche der Stadt unter das Thema „Lebendiger Boden“ gestellt. Leider ist die Situation seitdem nicht besser geworden. 2002 hatte die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel vorgegeben, den täglichen Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar zu reduzieren – doch das Ziel ist weit verfehlt, noch immer werden täglich(!) rund 55 Hektar neu versiegelt, und damit nicht genug: Auch die insgesamt versiegelte Fläche wächst von Jahr zu Jahr – Deutschland wird zubetoniert!
Dabei wissen eigentlich alle, welche negativen Folgen dieser Flächenfraß hat, die ökologischen und gesellschaftlicher Folgen werden jedoch ignoriert und immer wieder anderen Interessen geopfert. Im Boden tobt das Leben – Bakterien, Pilze, Springschwänze, Asseln, Tausendfüßer, Insekten, Spinnen, Milben bis hin zu Regenwurm und Maulwurf sind hier zu finden. Es ist ein Netz von Fressen und Gefressenwerden. Einige dieser Organismen sind an der Bodenbildung beteiligt, sie zersetzen organisches Material und sind damit ein wichtiger Teil des Nährstoffkreislaufs. Intakte Böden sind an der Bindung von Kohlenstoff beteiligt, viele Tiere, Vögel zum Beispiel, finden im Boden Nahrung.
Lebendiger Boden ist ein endliches Gut und immer mehr davon geht verloren. Umweltgifte lagern sich im Boden ab, Streusalz belastet ihn, übermäßige Nährstoffeinträge führen zur Überdüngung, im Zuge des Klimawandels sind auch Austrocknung und Erosion zunehmende Probleme, das größte Problem aber ist die Versiegelung durch Asphalt und Beton. Was oft vergessen wird: Durch die Bebauung verschwinden nicht nur Bäume und Sträucher, also die Lebensräume an der Oberfläche, auch das Leben im Boden selbst geht verloren, zudem seine wichtige Wasserspeicherfunktion. Von versiegelten Flächen fließt Wasser schnell und ungenutzt ab, Hochwasser werden dadurch ebenso verstärkt wie die Folgen von Dürre. Zudem heizen sich die versiegelten Flächen auf, was die Probleme weiter verschärft – ein Teufelskreis, der leicht zu durchbrechen wäre. Man müsste neue Flächenversiegelungen konsequent stoppen oder wenigstens im selben Maß Flächen wieder entsiegeln. Wasserdurchlässige Beläge wären ebenfalls ein wertvoller Beitrag, stattdessen aber regiert weiterhin der Asphaltbelag, obwohl es Alternativen gibt. Kürzlich ergab eine Untersuchung in Spanien, dass bewachsene Pflasterfugen die Temperatur am Boden versiegelter Flächen um bis zu 28 Grad senken und somit den Hitzestress in Städten verringern können. Mehr noch leistet jedes kleine Stück unversiegelter Boden, zum Beispiel die Baumscheiben der Straßenbäume in der Stadt. Der NABU Leipzig hat eine Aktion gestartet, mit der die Biodiversität auf diesen Flächen gefördert werden kann.
Eine andere kleine Maßnahme zum Schutz der Böden und der Lebewesen ist, Herbstlaub liegen zu lassen, insbesondere in den großen Parks. Wenn hier das Laub radikal entfernt wird, fehlen Nährstoffe und Überwinterungsmöglichkeiten, der Boden trocknet zusätzlich aus und ist weniger vor Frost geschützt. Auch sollte man auf Streusalz und auf Pestizide verzichten.
Mit den Flächen in unseren Städten müssen wir grundsätzlich verantwortungsvoller umgehen. Für jedes Bauprojekt sollten zunächst bereits versiegelte Flächen genutzt werden, bevor neue in Anspruch genommen werden. Mehrgeschossige Bauweise und multifunktionale Nutzung von Gebäuden müssen die Regel sein. Wie kann man Supermärkte als Flachbau mit riesigen Parkplätzen überhaupt noch genehmigen? Ähnliches gilt für riesige Gewerbegebiete, denen Natur- oder Landwirtschaftsflächen geopfert werden, oftmals noch mit Hilfe staatlicher Fördergelder, solche Investitionen sind keine Investition in die Zukunft, sondern in die Klima- und Naturkrise.
In Leipzig beispielsweise gibt es noch große Freiflächen in der Stadt, Baulücken, die Rückzugsgebiete für die Tierwelt sind, aber auch Erholungsorte der Menschen. Anstatt sie konsequent zu schützen und sich zu freuen, dass hier mitten in der Großstadt Wechselkröten, Zauneidechsen, Dorngrasmücken, Braunkehlchen, Wendehals und Nachtigall zuhause sind, werden diese Flächen der Bebauung geopfert. Statt grüner Stadtnatur mit kühlendem Effekt, lebendigem Boden und Wasserrückhaltefunktion werden hier künftig Beton, Glas und Asphalt regieren. Zudem werden durch diese Verdichtung der Bebauung die Flächen am Rande der Stadt keineswegs verschont, auch sie werden für Baugebiete in Anspruch genommen. Den schleichenden, scheibchenweisen Verlust der Lebensräume in Leipzig dokumentiert der NABU ehrenamtlich – demnach sind seit 2016 mehr als 350 Grünflächen ersatzlos verlorengegangen. Weitere große, ökologisch wertvolle Flächen, wie der Wilhelm-
Bei Neubau oder Sanierung von Schulen in Leipzig werden die Gehölze im Umfeld meist beseitigt, und später ist das Gelände vollständig versiegelt. Ein paar neugepflanzte Bäumchen oder Ziersträucher erfüllen keinerlei ökologische Funktion. Auch als Schattenspender sind sie nicht geeignet, weshalb oft Sonnensegel, Dächer und Jalousien auf dem neuen Schulgelände für Schatten sorgen sollen. Foto: Beatrice Jeschke
Leuschner-Platz oder das Areal am Bayerischen Bahnhof, sollen demnächst ebenfalls bebaut werden, der NABU kämpft mit allen Möglichkeiten dagegen.
Der NABU Leipzig nutzt auch juristische Möglichkeiten, um die Stadtnatur zu retten. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts und mögliche Gerichtsverfahren sind mit erheblichen Kosten verbunden. Der NABU ist für solche Ausgaben auf Spenden angewiesen. Bitte unterstützen Sie den Kampf für den Erhalt der Stadtnatur mit einer Spende – Herzlichen Dank!
Es ist kein Wunder, dass Deutschland aufgrund einer derartigen Bauplanung die Reduktionsziele der Flächenneuversiegelung verfehlt und Artensterben und Klimawandel immer weiter fortschreiten. Ein Umsteuern ist dringend erforderlich. Deshalb fordert der NABU Sachsen das aktive Vorantreiben von Flächenentsiegelung, eine verantwortungsvolle Prüfung von Bauplanungen, eine Flächenwahl nach ökologischen Kriterien und die Prüfung von Alternativen sowie den grundsätzlichen Ausschluss landwirtschaftlicher Flächen von weiterer Versiegelung, auch um die Versorgung mit regionalen landwirtschaftlichen Produkten, wie Obst, Gemüse und Getreide, zu ermöglichen.
Diese Forderungen an die Politik in Sachsen wird der NABU immer wieder vortragen, die Parteien haben die Chance, sich in ihren Landtagswahlprogrammen zum Schutz des lebendigen Bodens zu bekennen. Unverbindliche Zielvorgaben, die dann doch verfehlt werden, reichen nicht aus, es muss konkrete Festlegungen zum Schutz von Natur und Klima geben.