Das zweite Wochenende im Mai ist jedes Jahr die Zeit der großen Vogelzählung, denn dann ruft der NABU bundesweit zur Stunde der Gartenvögel auf. 2021 war es das Himmelfahrtwochenende, weshalb nicht nur von
Freitag bis Sonntag gezählt wurde, sondern auch schon am Donnerstag, dem Feiertag.
Alle Jahre wieder ist besonders spannend, ob auch der Vogel des Jahres beobachtet werden kann. 2021 ist das Rotkehlchen Vogel des Jahres und ist der erste in einer bundesweiten Volksabstimmung gewählte Träger dieses Titels. Daneben galt auch 2021 der Blaumeise besondere Aufmerksamkeit. Im Vorjahr waren die Bestände
zurückgegangen, ein Grund dafür war das sogenannte Blaumeisensterben, eine neuartige bakterielle Infektionskrankheit. In
diesem Jahr sollte sich zeigen, ob sich die Bestände wieder erholt haben. Weitere Informationen
Zum Ende des Aktionswochenendes hatten mehr als 110.000 Zähler fast 2,5 Millionen Vögel gemeldet. Weitere Meldungen waren noch bis zum 24. Mai möglich, erst danach kann man die Zahlen auswerten. Bis dahin sind alle Daten nur Momentaufnahmen und können nur eingeschränkt interpretiert werden.
Deutschlandweit wurde wie nahezu in jedem Jahr der Haussperling am häufigsten beobachtet. Er liegt deshalb bei der Stunde der
Gartenvögel auch 2021 auf Platz 1. Berücksichtigen muss man dabei, dass der gesellige Vogel meist in größerer Anzahl beisammensitzt und zudem leicht zu beobachten ist. Einzelgängerische Arten
landen damit automatisch weiter hinten in der Rangliste.
Platz 2 erreichte bundesweit die Amsel. Auch sie hatte in den Vorjahren, ähnlich wie die Blaumeise, unter einer Infektionskrankheit zu leiden, hat den Bestandseinbruch aber offenbar überstanden.
Die Blaumeise schafft es auf Platz 5, die Kohlmeise mit einem ähnlichen Trend auf Platz 3. Stare wurden häufiger als im Vorjahr beobachtet,
diese Art belegt Platz 4 in der Rangliste. Der Feldsperling liegt bundesweit auf Platz 6.
In Leipzig sehen die vorderen Plätze teilweise anders aus als im Bundesdurchschnitt. Vor allem ist das an den Mauerseglern erkennbar.
Diese Vögel sind ursprünglich in Felslandschaften zuhause, leben aber heutzutage vor allem in unseren großen Städten. Leipzig ist daher eine Stadt der Mauersegler – noch, denn diese Vogelart hat
große Probleme. Als insektenfressende Zugvögel leiden die Mauersegler unter Insektensterben und Klimawandel. Zudem verlieren sie durch rücksichtslose Bauarbeiten in Leipzig auch immer mehr Brutplätze. Ein Negativtrend mit einem Minus von rund 50 Prozent ist daher in Leipzig zu beobachten. Dabei spielen
allerdings auch das kühle Frühjahr und das regnerische Wetter am Aktionswochenende eine Rolle. Dennoch belegt der Mauersegler in Leipzig Platz 5 hinter Haussperling, Star, Amsel und Kohlmeise.
Dabei ist der Star bedeutend häufiger gesichtet worden als im Vorjahr, er erreicht in diesem Jahr Platz 2 und hat damit seinen Rang mit dem Mauersegler getauscht.
Der Feldsperling ist eher ein Vogel des ländlichen Raums und belegt daher in Leipzig nur Platz 7. Auf 6 landet hingegen die Ringeltaube. Sie ist ursprünglich auch ein Vogel des ländlichen Raums,
erobert aber zunehmend die Großstadt als Lebensraum, sie brütet in zahlreichen Parks, Gärten und Innenhöfen.
Die Blaumeise hat auch in Leipzig einen positiven Trend bei den Beobachtungszahlen, belegt aber nur Platz 9. Das Rotkehlchen, Vogel des Jahres 2021, schafft es in Leipzig auf Platz 14,
deutschlandweit auf Platz 9. Der Vogel liebt wilde Ecken in Gärten und Parks. Durch übertriebene Pflege und Bauprojekte gehen solche wilden Ecken in Leipzig mehr und mehr verloren. Deutschlandweit wurde das Rotkehlchen hingegen öfter beobachtet als im Vorjahr – vielleicht auch ein Effekt seiner Wahl zum Vogel
des Jahres.
Beim Blick in die Zählergebnisse fallen deutschlandweit auch Stieglitz und Gartenrotschwanz auf, die deutlich häufiger gemeldet wurden. Auch in Leipzig gibt es ein Plus von rund 50 Prozent beim
Stieglitz und von rund 10 Prozent beim Gartenrotschwanz.
Stieglitz (links) und Gartenrotschwanz. Fotos: Beatrice Jeschke
Der nahe verwandte Hausrotschwanz war ursprünglich weit häufiger als der Gartenrotschwanz, erlebt jedoch seit Jahren einen Negativtrend. Nach Einschätzung des NABU sind Nistplatzverluste ein wesentlicher Grund dafür. Obwohl es rechtswidrig ist, verlieren die Vögel, wie auch viele andere Gebäudebrüter,
aufgrund rücksichtsloser Bau- und Sanierungsarbeiten mehr und mehr Ritzen, Spalten und Höhlen im Mauerwerk, die ihnen als
Nistplatz dienten.
Im Leipziger Umland macht sich der eher ländliche Charakter bei den Vogelbeobachtungen bemerkbar. Star und Feldsperling erreichen hier die Plätze 2 und 3, auf 1 liegt aber auch hier der
Haussperling.
Jedes Jahr zur Stunde der Gartenvögel bietet der NABU Leipzig Exkursionen an. Dabei kann man die Vögel gemeinsam beobachten, kann die Arten näher kennen lernen und erfährt Wissenswertes über die
Zählaktion und über die Arbeit des NABU. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten 2021 keine öffentlichen Exkursionen stattfinden, NABU-Mitstreiter haben aber an den ursprünglich geplanten
Exkursionsorten dennoch gezählt und auch einige weitere Zählrunden absolviert. Die erste derartige Zählung fand in einem Innenhof in Gohlis statt. Dort konnte man Vögel bei der Brut beobachten.
Eine Amsel trug Futter zu den Jungen, Spatz und Star flogen in ihre Nisthöhlen. Mit Gesang kennzeichneten Stieglitz, Gartenrotschwanz, Zilpzalp, Buchfink und Mönchsgrasmücke ihre Reviere. Die
Elster war hingegen noch mit dem eigentlichen Nestbau beschäftigt. Besonders eindrucksvoll sang ein Gartenrotschwanz. Insgesamt wurden hier 30 Vögel aus 13 Arten gezählt.
Elstern beim Nestbau in einem Innenhof in Gohlis. Video: Beatrice Jeschke
Kurz danach fand eine zweite Stunde der Gartenvögel direkt an der NABU-Naturschutzstation statt, im Buddepark an der Corinthstraße. Nach einer halben Stunde fing es an zu regnen, wovon sich die Vögel allerdings nicht beeindrucken ließen. Vor allem die Stare fütterten emsig weiter ihre Jungen. Insgesamt wurden in dem kleinen Park 30 Vögel aus 10 Vogelarten beobachtet.
Stare sind auf Baumhöhlen als Nistplatz angewiesen. Leider werden höhlenreiche Bäume oft beseitigt, sodass die Stare auf andere Nistplätze ausweichen müssen, in Leipzig werden sie mehr und mehr zum Gebäuidebrüter. Fotos: Beatrice Jeschke
Am Samstag war ursprünglich eine NABU-Exkursion in Lützschena geplant, die nun aufgrund der Coronapandemie ohne Teilnehmer stattfand. Die Zählung begann an der Gärtnerei, wo man im Storchenhorst
mit etwas Mühe einen brütenden Altvogel sehen konnte. Rauchschwalben und Girlitz kamen hier ebenfalls auf die Zählliste, später konnten Blaumeisen an ihrer Nisthöhle in einem Mast beobachtet
werden. Mehrmals waren auch Turmfalken zu sehen. Besonders erfreulich war die Entdeckung von Bluthänflingen. Diese Finken sieht man nicht besonders häufig. Abschließend konnte man – wieder am
Storchenhorst – beobachten, dass der zweite Altvogel zum Nest kam, um seinen Partner dort bei der Brut abzulösen. Insgesamt wurden bei diesem Rundgang 35 Vögel aus 14 Arten gezählt.
Rauchschwalbe, Amsel, Girlitz und Bluthänfling bei der Stunde der Gartenvögel in Lützschena. Fotos: Beatrice Jeschke
Am Sonntag hatte der NABU Leipzig eine Exkursion auf dem Ostfriedhof geplant, der zu den Flächen im NABU-Projekt „Lebendige Friedhöfe“ gehört. Die Biologische Vielfalt auf diesem naturnah gestalteten Areal ist beeindruckend, auch viele Vögel fühlen sich hier wohl – sie finden Nahrung, Ruhe- und Nistplätze.
Der Ostfriedhof bietet unterschiedliche Lebensräume und ist damit eine Oase der Biologischen Vielfalt. Fotos: René Sievert
Eine recht große Anzahl Stare war unterwegs. Die Vögel suchten eifrig nach Nahrung, aus verschiedenen Baumkronen ertönte aber auch ihr spottender Gesang, mit dem andere Tierlaute und Geräusche
nachgeahmt werden. So konnte man beispielsweise Stockenten und Wasserfrösche hören. Eifrige Sänger waren an diesem Tag auch Zilpzalp und Buchfink – gleich mehrere waren gleichzeitig zu
hören.
Mehrere Amseln ließen ebenfalls ihren wohltönenden Gesang hören, oder suchten am Boden nach Futter. Dort war auch die nahe verwandte Singdrossel auf Futtersuche. In der Ferne war ein Kuckuck zu
hören und gelegentlich auch ein Grünspecht, der seine lauten Rufe erschallen ließ, währen die Buntspechte eher still von Baum zu Baum flogen, um Futter zu finden. Über dem Friedhof kreiste ein
Mäusebussard und ließ auch seine Rufe hören, er zählt nicht gerade zu den typischen Garten- und Parkvögeln, landete aber auch auf der Zählliste, ebenso zwei Rabenkrähen, die den Greifvogel
beäugten und heftig attackierten, als er sich in einem Baum niederließ.
In der Nähe konnte man eine singende Mönchsgrasmücke nicht nur hören, sondern auch sehen. Sie saß in Augenhöhe direkt am Wegesrand. Wenige Meter weiter sang der Vogel des Jahres, ein Rotkehlchen.
Auf dem Ostfriedhof wurden bei der Stunde der Gartenvögel insgesamt 53 Vögel aus 21 Arten gezählt.
Amseln beginnen schon früh im Jahr mit ihrem wohltönenden Gesang, den Höhepunkt erreichen die Sänger von Mai bis Juni. Mit der Sangeskunst markieren die Männchen ihr Revier. Diese Amsel sang zur Stunde der Gartenvögel auf dem Ostfriedhof.
Der schmetternde Gesang eines Buchfinks ist an vielen Stellen in Leipzig zu hören. Sie sind besonders ausdauernde und laute Sänger. Zudem haben Buchfinken ein breites Repertoire anderer Lautäußerungen, darunter ist ein sogenannter Regenruf, der in tiefer Tonlage vorgetragen wird oder das blechern klingende „Pink“ oder „Fink“ – diesem Ruf verdanken die Finken vermutlich ihren Namen. Dieser Buchfink sang zur Stunde der Gartenvögel auf dem Ostfriedhof.
Bei den Zählungen des NABU Leipzig zur Stunde der Gartenvögel 2021 wurden insgesamt 148 Vögel aus 29 Vogelarten beobachtet. Die vorderen Plätze belegten dabei Haussperling, Star, Amsel und Kohlmeise gefolgt von Ringeltaube, Blaumeise und Mauersegler.
Die nächste Vogelzählung zum Mitmachen ist die Stunde der Wintervögel, die 2022 vom 6. bis 9. Januar stattfinden wird.