Die 20. Stunde der Gartenvögel

Vogelzählung vom 9. bis 12. Mai 2024

Bereits zum 20. Mal findet die Stunde der Gartenvögel statt. Vom 9. bis 12. Mai 2024 sind alle Vogelfreunde aufgerufen, eine Stunde lang Vögel zu zählen und dem NABU zu melden.

 

Über die Jahre hinweg konnte der NABU bereits einen einzigartigen Datenbestand zu den Vogelarten im Siedlungsraum in ganz Deutschland sammeln. Das ist ein großer Schatz für den Naturschutz, denn an den festgestellten Bestandstrends kann man Naturschutz­maßnahmen ausrichten und so die Arten gezielt schützen.

Jeder kann helfen, Daten zu sammeln, indem er oder sie Vögel zählt, und so den Vogelschutz unterstützt. Wer mitmacht, beteiligt sich an einem der größten Citizen-Science-Projekten Deutschlands. Außerdem macht es Spaß, Vögel kennenzulernen und zu zählen. Viele überwinternde Arten haben in diesem Frühjahr zeitig mit dem Brüten angefangen, da es früh schon recht warm war, bei der Stunde der Gartenvögel könnte man also möglicherweise mehr Jungvögel sehen als in anderen Jahren.

 

Und so funktioniert die Vogelzählung: Von einem ruhigen Platz im Garten, Park, auf dem Balkon oder vom Zimmerfenster aus wird von jeder Vogelart die höchste Anzahl notiert, die im Laufe einer Stunde gleichzeitig beobachtet werden konnte. Meldeschluss ist der 20. Mai 2024.

 

Jedes Jahr zur „Stunde der Gartenvögel“ lädt der NABU Leipzig zu Veranstaltungen ein, um über die Aktion zu informieren, außerdem wird dabei die heimische Vogelwelt vorgestellt, man kann gemeinsam die Vögel beobachten, und es gibt auch weitere Informationen zur Arbeit des NABU Leipzig. 2024 sind zwei öffentliche Exkursionen geplant:

  • Samstag, 11. Mai 2024, 9 Uhr
    in Lützschena-Stahmeln
    Treffpunkt: Windmühlenweg 4

 

  • Sonntag, 12. Mai 2024, 10 Uhr
    in der Kleingartenanlage „Nordostvorstadt“
    Treffpunkt: Volksgartenstraße 55

Mehr Zaunkönige, weniger Schwalben?

Zaunkönig. Foto: NABU/Kathy Büscher
Zaunkönig. Foto: NABU/Kathy Büscher

Die große Vogelzählung begann Himmelfahrt, und bereits am ersten Tag erreichten den NABU mehrere tausend Meldungen, bis zum Abend wurden schon mehr als 120.000 Vögel gesichtet, am zweiten Aktionstag waren es 250.000. Die Zahlen sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht aussagekräftig, auffällig war jedoch, dass deutschlandweit deutlich weniger Mauersegler und Schwalben beobachtet wurden als im Vorjahr. Möglicherweise hängt dies mit dem Kälteeinbruch Ende April zusammen, der dazu führte, dass diese Langstreckenzieher erst später zurückkehren. Trotzdem blicken die NABU-Experten mit Sprge auf die Zahlen, denn die Arten gehören schon länger zu den Sorgenkindern mit sinkenden Beständen. Sie jagen vorrangig Insekten im Flug, weshalb sie unter dem Insektensterben leiden. Zudem fehlen ihnen immer mehr Nistmöglichkeiten, weil diese durch rücksichtslose und eigentlich rechtswidrige Gebäudesanierungen verloren gehen. Alte Gebäude werden saniert, umfangreich gedämmt oder durch Neubauten mit glatten, lückenlosen Fassaden ersetzt, sodass die Vögel immer weniger Spalten und Mauerlöcher finden. Verlorengehende Lebensstätten müssen laut Bundesnaturschutzgesetz ersetzt werden, leider findet das in den meisten Fällen nicht statt.

 

Blaumeisen am Nistkasten. Foto: NABU/Bert Schreck
Blaumeisen am Nistkasten. Foto: NABU/Bert Schreck

Anders als die Langstreckenzieher könnten Arten, die bei uns überwintern, von milden Wintern profitieren, so wie der Zaunkönig. Möglicherweise ist es so zu erklären, dass in diesem Jahr deutschlandweit deutlich mehr Zaunkönige beobachtet werden.

 

Zu den Arten, die Jahr für Jahr bei der „Stunde der Gartenvögel“ am häufigsten beobachtet werden, gehören Haussperling, Amsel, Kohlmeise, Blaumeise und Star – am dritten Tag der Vogelzählung belegten sie erneut die fünf vorderen Plätze. Dabei scheint sich ein Trend fortzusetzen: Blaumeisen werden von Jahr zu Jahr weniger beobachtet. Ein möglicher Grund könnte die Konkurrenz durch die etwas größere Kohlmeise sein. Sie besetzt geeignete Nistplätze und verdrängt die kleine Blaumeise, der man mit speziellen Blaumeisenkästen helfen kann, deren Einflugloch so klein ist, dass zwar die Blau- nicht aber die Kohlmeise hindurchpasst.

 

Aber nicht nur die Blaumeise wird seltener gesichtet. Bei der „Stunde der Gartenvögel“ werden Vogelarten im Siedlungsraum erfasst, die eigentlich als besonders häufig gelten, aber selbst bei vielen dieser Arten geht der Trend über die letzten Jahre nach unten:

Die Linienfarbe zeigt, ob es sich um Zunahme der Sichtungen (grün), Abnahme (rot) oder um einen stabilen Trend (gelb) handelt. Die visualisierten Meldungen zeigen nicht den realen Bestand, geben jedoch einen Hinweis auf die mögliche Bestandsentwicklung.
Entwicklung der Sichtungen der 18 häufigsten Gartenvögel im Siedlungsraum über einen Zeitraum von 18 Jahren. Bei 9 Vogelarten ist der Trend negativ. Grafik: NABU

Eine positive Bestandsentwicklung gibt es bei einigen Arten, die früher nur lokal verbreitet oder gar nicht in Deutschland heimisch waren. Dazu gehören die Bienenfresser. Die bunt gefärbten Vögel sind gut zu erkennen. Sie sind keine typischen Siedlungsbewohner und werden deshalb eher zufällig auch einmal bei der „Stunde der Gartenvögel“ gemeldet. Den NABU Leipzig erreichte am Samstag die frohe Nachricht aus Sachsen-Anhalt, dass die Bienenfresser aus ihrem Winterquartier zurück gekommen sind:

Bienenfresser. Video: Linda Fröhlich

 

Vogelbeobachtungen melden bis zum 20. Mai!

Foto: Robert Beske
Foto: Robert Beske

Bis Sonntagabend hatten bundesweit fast 40.000 Vogelfreunde ihre Zählergebnisse gemeldet. Sie beobachteten fast 855.000 Vögel. Meldungen sind noch bis zum 20. Mai 2024 möglich, erst danach beginnt die Auswertung der Beobachtungen, deshalb sind alle Zahlen und Analysen nur vorläufig.

 

Sonntagabend lagen auf den vorderen Plätzen Haussperling, Amsel, Kohlmeise, Star und Blaumeise. Bei vielen Arten sind die Zahlen verglichen mit dem Vorjahr weitgehend unverändert. Auffällig ist aber zum Beispiel, dass insgesamt weniger Finken beobachtet wurden, und auch bei den Schwalben zeigt der Trend nach unten. Der Feldsperling liegt deutschlandweit zwar auf Platz 6, aber auch er wird zunehmend seltener beobachtet.

 

In Leipzig ergibt sich oft eine abweichende Reihenfolge, denn die Vogelwelt in der Großstadt unterscheidet sich oft vom deutschlandweiten Durchschnitt. So macht sich auch 2024 wieder bemerkbar, dass Leipzig eine Stadt der Mauersegler ist. Die geschickten Flieger jagen mit ihren Sri-Sri-Rufen durch die Häuserschluchten und brüten an den Gebäuden in Ritzen oder in Nisthilfen. Auf die Situation der Mauersegler macht der NABU Leipzig jedes Jahr mit dem Tag des Mauerseglers am 7.7. aufmerksam. Am Sonntagabend belegte der Mauersegler in Leipzig bei der „Stunde der Gartenvögel“ Platz 2, deutschlandweit rangiert er nur auf Platz 9.

 

Star. Foto: NABU/CEWE/Norbert Krüger
Star. Foto: NABU/CEWE/Norbert Krüger

Der Star liegt deutschlandweit auf Rang 4, in Leipzig auf dem dritten Platz, die Amsel hingegen erreicht deutschlandweit Platz 2, in Leipzig und auch im Umland nur den vierten Platz. Tatsächlich hat diese eigentlich so häufige Vogelart in Leipzig mit verschiedenen Problemen zu kämpfen: Hier grassierte das vom Usutuvirus ausgelöste Amselsterben; heiße, trockene Sommer erschweren den Amseln die Nahrungssuche, weil sie im ausgetrockneten Boden keine Regenwürmer finden; aufgrund fortschreitender Flächenversiegelung finden die Amseln zudem immer weniger Nahrungsflächen; und auch die Nistplätze schwinden, denn rücksichtslos werden Strauchhecken für Bauprojekte gerodet oder aus falsch verstandenem Ordnungssinn zurückgeschnitten.

 

Seltener als im Bundesdurchschnitt wurden zudem in Leipzig Kohl- und Blaumeisen sowie Feldsperlinge beobachtet; häufiger als im deutschen Durchschnitt kamen hingegen Ringeltauben auf die Zähllisten in Leipzig.

 

Auch im Leipziger Umland weichen die Zahlen oft vom Bundesdurchschnitt ab, hier vorwiegend durch den eher ländlichen Charakter. So liegt der Star hier weiter vorn, nämlich auf Platz 2; ebenso der Feldsperling auf Platz 5. Deutschlandweit gibt es beim Feldsperling aber einen Abwärtstrend, der am Sonntagabend bei 11 Prozent lag, in Nordsachsen sogar bei 24 Prozent.

 

Um über die Vogelwelt, ihre Probleme und über Schutzbemühungen zu informieren, hatte der NABU Leipzig zur „Stunde der Gartenvögel“ wieder zu Exkursionen eingeladen – am Samstag in Lützschena-Stahmeln und am Sonntag in der Kleingartenanlage „Nordostvorstadt“.

 

Rund ums Storchennest

Storchennest auf der Gärtnerei. Foto: Beatrice Jeschke
Storchennest auf der Gärtnerei. Foto: Beatrice Jeschke

Am Samstag hatte der NABU Leipzig zur „Stunde der Gartenvögel“ in Lützschena-Stahmeln eingeladen, gezählt wurde rund um den Storchenhorst auf dem Schornstein der Gärtnerei.

 

Schon am Treffpunkt bei der Grundschule Stahmeln konnten die ersten Teilnehmer sehen, wie der Weißstorch zum Baumarkt flog und mit einem Ast fürs Nest zurückflog. Als erstes kamen Ringeltauben auf die Liste, die auf den Hausdächern saßen. Dann führte das Tschilpen von Spatzen aus einem Strauch zu einer Kolonie Haussperlingen. Gleich nebenan gab es auch ihre Brutplätze im Rolladenkasten zu sehen. Auf dem nächsten Dach konnte man sich die Unterschiede zwischen Rabenkrähe und Dohle sehr gut anschauen, da die beiden Vögel nebeneinander saßen.

 

Zwischendurch ging der Blick immer wieder zum Schornstein, um zu sehen, was die Störche machen – plötzlich flog einer weg, ein Weilchen später kam er zurück und flog mit einem Ast im Schnabel genau über die Köpfe der Beobachtergruppe zum Horst. Die Kinder waren begeistert. Da ein anderes Storchennest vom NABU Leipzig mit einer Webcam ausgestattet wurde, konnte man sich auf dem Handy ansehen, wie kleine Storchenküken aussehen, wenn sie gerade aus dem Ei geschlüpft sind. Auf einem Baum neben der Esse brütete ein anderes Vogelpaar – Rabenkrähen, die keineswegs „Rabeneltern“ sind. Zwei Türkentauben ließen sich bei ihrer Pause auf dem Strommast gut beobachten. Mehrfach sah man einen Turmfalken fliegen, er wollte aber leider nicht mal länger sitzen bleiben. Insgesamt wurden 30 Vögel aus 12 Arten beobachtet.

 

Haussperling an seinem Nest im Rolladenkasten. Foto: Beatrice Jeschke
Haussperling an seinem Nest im Rolladenkasten. Foto: Beatrice Jeschke

 

Vögel in Garten und Park

Eine weitere NABU-Exkursion fand am Sonntag in Schönefeld mit Karsten Peterlein statt, dem Leiter des Arbeitskreises Ornithologie und Vogelschutz. Zunächst führte der Vogelspaziergang in die Kleingartenanlage „Nordostvorstadt“. Gleich zu Beginn gab es schon einen ersten Höhepunkt: Vor dem blauen Himmel konnte man auf dem trockenen Zweig eines Baumes einen schönen, bunten Gartenrotschwanz beim Singen beobachten und ihm zuhören.

 

Exkursion durch Kleingartenanlage und Volksgarten. Foto: Robert Beske
Exkursion durch Kleingartenanlage und Volksgarten. Foto: Robert Beske

Einige Schritte weiter tummelten sich sehr viele Stare, die damit beschäftigt waren, den Nachwuchs zu versorgen, und auch viele Ringeltauben waren zu sehen, in der Ferne eine Elster.

 

In der Kleingartenanlage hatte der NABU Leipzig 2021 das Projekt mein-Biotop.de gestartet, in der Anlage gibt es eine kleine Fläche, auf der verschiedene Biotopbausteine gezeigt werden, sowie mehrere Nistkastentypen, darunter ein „Sperlingskolonie­kasten“. Diesen hatte sich tatsächlich ein Hausspatz als Nistplatz ausgesucht, man konnte ihn beobachten, wie er Nistmaterial eintragen wollte. Im Kirschbaum direkt daneben hängt ein Meisenkasten, aus dem immer wieder ein Jungvogel herausschaute. Mehrere Mauersegler und ein Turmfalke flogen über die Gruppe hinweg. 12 Personen, darunter zwei Kinder, hatten sich zu dem Vogelspaziergang eingefunden.

 

Beobachtungen am Nistkasten im Kirschbaum. Foto: René Sievert
Beobachtungen am Nistkasten im Kirschbaum. Foto: René Sievert

Der zweite Teil des Rundgangs führte durch den Volksgarten Schönefeld. Hier konnte man gleich mehrere Nachtigallen belauschen, aber auch viele andere Vogelarten stimmten in den Chor ein, darunter Zilpzalp, Mönchsgrasmücke, Buchfink, Amsel und Gartenbaumläufer; auch ein Grünspecht war zu hören; kurz danach konnte man einen Buntspecht sehen. Karsten Peterlein informierte über die Bedeutung von alten Parkbäumen, in denen Spechte ihre Höhlen bauen, die später auch anderen Tieren als Unterschlupf dienen.

 

In einer Baumkrone war eine Kohlmeisen-Familie unterwegs. Karsten Peterlein erläuterte, wie die Jungvögel von den Eltern weiter gefüttert werden, aber nach und nach immer selbstständiger sind. Die jungen Meisen waren ein sehr schöner Anblick.

 

Zum Abschluss des Rundgangs wurden zwei Girlitze entdeckt. Man konnte den Gesang hören, der wie ein quietschendes Rad klingt. Anschließend turnten die beiden in einer Baumkrone herum, bis sie davonflogen. Der letzte Vogel auf der Zählliste war eine Singdrossel, die auf dem Weg saß und sich in Ruhe beobachten ließ. 43 Vögel aus 20 Arten wurden insgesamt beobachtet.

Fernglas und Bestimmungsbuch helfen, die verschiedenen Vögel genauer zu betrachten. Foto: Robert Beske
Fernglas und Bestimmungsbuch helfen, die verschiedenen Vögel genauer zu betrachten. Foto: Robert Beske